Raschi erklärt, dass hier von der ganzen Toireh die Rede ist. Alle Mizwois1Gebote
מִצְווֹת seien nicht im Himmel und nicht in Übersee, sondern „sehr nahe zu Dir, in Deinem Munde und in Deinem Herzen ihn zu machen“.
Hier fragt sich schon jeder, dass obwohl die frommen Jiden schon eher die mehr zufriedenen Menschen sind als die Atheisten (das Bne-Brak-Syndrom wirft die Frage auf, weshalb die sozioökonomisch tiefe Stadt Bnei-Brak eine solch hohe Lebenserwartung hat) – aber trotzdem ist schwer zu behaupten, es sei leicht, ein praktizierender Jid zu sein! Und die Torah geht ins Extreme, es sei nicht nur nahe zu Dir, sondern es sei sehr nahe!
Der erste Lubavitscher Rebbe, Reb Schneor Salmen Schneersohn זצ"ל2In seliger Erinnerung
זֵכֶר צַדִּיק לִבְרָכָה benutzt diese Frage als Einleitung zu seinem klassischen Werk, dem Tanja. Als Antwort erklärt er den Aufbau und das ganze Schema des Körpers, der jüdischen Seele und der menschlichen Triebe. Verstehe man die Grösse GOTTES, die Liebe GOTTES zu uns und noch einiges, so sei es tatsächlich leicht alles richtig zu machen. Nun, wenn man die Anhänger von Lubavitsch betrachtet, wie sie ganze Welten versetzen, so scheint dieses System zu funktionieren...
Der Ramban erklärt, dass hier von T’eschuvah3Rückkehr zu GOTT
תְּשׁוּבָה die Rede sei. Es sei leicht, den schlechten Weg zu verlassen und sich auf den richtigen Weg zu begeben. Dazu müsse man nicht etwas vom Himmel holen und auch nicht ins weite Ausland reisen.
Nun, das tönt schon einfacher. Bezeichnet sich doch GOTT in der Torah als der Barmherzige. Und wenn er uns so gern hat, so vergibt er uns auch schnell.
Jedoch aufgepasst, der liebe GOTT beschreibt sich auch als ein אֵל קַנָּא, ein eifersüchtiger welcher sich auch rächt.4Schmois, Exodus,
2 Buch Mose 20,5
'שמות כ' ה
Denn auch die T'schuvah5Rückkehr zu GOTT
תְּשׁוּבָה hat ihre Regeln. Und falls man sie nicht beachtet, gibt es kein Vergeben. So zum Beispiel wenn jemand sündigt, da er sicher ist, dass ER ihm im Nachhinein verzeihen wird - so wird seine Teschuvah äußerst schwer. [Rambam Hilchois T‘schuvah Perek 4 - משנה תורה, הלכות תשובה ד׳]
Die T’schuvah verlangt drei Schritte:
- den absoluten Entscheid, den Weg der Sünde nicht mehr zu begehen,
- das mündliche Zugeben und Aussprechen, dass man falsch gehandelt hat,
- die Trauer, dass man falsch gehandelt hat (und nicht behauptet, unter den gegebenen Umständen sei es unmöglich gewesen, richtig zu handeln).
Rebbe Menachem Kalisch von Amschinov זצ"ל sieht diese drei Schritte in der Torah angedeutet. T’schuvah sei doch „sehr nahe zu Dir, in Deinem Munde und in Deinem Herzen ihn zu machen“.
- „In Deinem Munde“ – das Aussprechen, dass man falsch gehandelt hat.
- „In Deinem Herzen“ - das Einsehen, dass man falsch entschieden hat.
- „Ihn zu machen“ - der Entscheid, ab jetzt richtig zu handeln.
Dazu gibt es noch eine schöne Geschichte.
Reb Jisroel Meïr Kagan, der Chofez Chaïm זצ"ל 6חָפֵץ חַיִּים gründete in seinem Dorf Radin eine Jeschiva7Talmudhochschule
יְשִׁיבָה. Er persönlich unterrichtete jedoch nicht seine Bachurim7Studenten
בָּחוּרִים, dafür zahlte er Lehrer. Am Schabbat Nachmittag hatten die Bachurim die Möglichkeit, freiwillig beim Chofez Chaïm זצ"ל zuhause seine Worte zu hören.
Die Studenten entdeckten nun einen Widerspruch. Der Chofez Chaïm זצ"ל betonte in seinen Reden immer wieder, dass er nicht verstehe, weshalb nicht alle T’schuvah machen. Es sei doch so leicht, die besagten drei Schritte zu machen! Andererseits sagte der Maschgiach8spirituelles Oberhaupt der Jeschiva
מַשְׁגִיחַ,> Reb Josef Leïb Nenedik זצ"ל er könne nicht verstehen, wie man sündigen kann – T’schuvah machen sei doch so schwer!
So wandten sich die Studenten zu Reb Naftoli Trop זצ"ל, dem Oberhaupt der Jeschiva. Dieser erklärte ihnen das mit einer Geschichte.
Ein Schiff verlässt den Hafen und fährt nach Westen statt nach Osten.
Nach zwei Tagen entdeckt der Kapitän den Fehler und lässt das Schiff wenden.
Nun, das Wendemanöver ist nicht schwer.
Würden sie jedoch versuchen wollen, die vier Tage Verspätung wieder wettzumachen, dann wäre dies ein äußerst schweres Unternehmen!