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Der Wochenabschnitt
בְּהַעֲלֹתְךָ
B’Haalotcha

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


Am Pessach sind wir aus Ägypten gezogen. Sieben Wochen danach, am Wochenfest [Schawuot - שָׁבוּעוֹת], haben wir beim Berg Sinaï die Torah erhalten. Eigentlich noch nicht alle 613 Gebote, am Tag des Wochenfestes haben wir 'lediglich' die Zehn Gebote gehört. Um die restlichen 603 Gebote zu empfangen, ist Moses auf den Berg Sinaï gestiegen, verweilte dort vierzig Tage und hörte von IHM die ganze Torah. Der ursprüngliche Plan war, dass Moses danach zu den Jiden zurückkehrt, ihnen die Torah beibringt und dann schnellstens mit allen zusammen ins Heilige Land zieht. Da geschah der erste Unfall: am 39.Tag machten die Jiden das Goldene Kalb. Dies hatte zur Folge, dass Moses weitere zweimal für vierzig Tage auf den Berg Sinaï steigen musste.
Beim ersten Mal bat Moses um Verzeihung, beim zweiten Mal erhielt er abermals die Zwei Tafeln. Das erste Set der Zwei Tafeln hatte Moses richtigerweise beim Anblick des Goldenen Kalbes zerbrochen.
Danach wurde das Stiftzelt [Mischkan - מִשְׁכַּן] hergestellt, errichtet und eingeweiht. Endlich kommen wir zum Wochenabschnitt dieser Woche. 13 Monate nach dem Auszug, am 20.Ijar
Der erste Monat im jüdischen Jahr ist der Nissan, dann der Ijar, Sivan, Tamus usw. https://de.wikipedia.org/wiki/Ijjar
, verlassen die Jiden den Berg Sinaï und machen sich auf den Weg ins Heilige Land.

Hier fängt es an holprig zu werden. Immer wieder gibt es Zwischenfälle, bis zum großen Ausrutscher der M‘raglim [מְרַגְּלִים = Kundschafter]. Da ist das Fass übergelaufen, dieser Generation wird das Betreten des Heiligen Landes untersagt, sie mussten vierzig Jahre in der Wüste herumwandern, bis eine neue Generation herangewachsen war, die ins Gelobte Land kommen konnte.

Man fragt sich, diese Jiden hatten vor einem Jahr die größte 'Show' des HASCHEM live miterlebt, G"tt hatte ein nie wieder vorkommendes Spektakel beim Erhalt der Zehn Gebote geboten und dieselbe Jiden beklagen sich plötzlich, sie täten zu schnell wandern
Raschi 4.Buch Mose 11,1. Dabei 'hetzte' sie G"tt nicht, um sie zu bestrafen, sondern um sie so schnell wie möglich ins Heilige Land zu bringen.
, sie hätten kein Fleisch
4.Buch Mose 11,4. Dabei hatten sie Herden von Tieren! Siehe 2.Buch Mose 12,38.
, einige Speisen täten auf der Speisekarte fehlen54.Buch Mose 11,5. Frisch von der Leber frei erfundene Reklamationen! Man fragt sich, woher kam diese Fahrt mit der Achterbahn? Wie können Menschen, welche so klar den lieben G"tt zu Sicht bekommen haben, so schnell so gemeine Vorwürfe machen?

Hier kommen wir zu einer vorprogrammierten Schwäche des Menschen. Kennt man diese 'Mine', so ist es relativ einfach, sie zu umgehen.

Ein Mensch hat zwei Kräfte in sich: den Trieb zum Guten und den Trieb zum Schlechten
In der mystischen Lehre, der Kabbalah, spricht man sogar davon, dass der Mensch zwei Seelen hat, eine heilige und eine tierische.
. Oft ist jemand in einem positiven High und fühlt sich IHM nahe. So z.B. am Versöhnungstag [Jom Kippur - יוֹם כִּפּוּר], am Neujahr oder an einem normalen Schabbat und einem Gebet. In solchen Stunden waltet das Gute über dem Menschen, das Negative sitzt still auf der Ersatzbank. Das Schlechte ruht sich jedoch in diesen Pausen aus und sammelt Kräfte. Sobald das 'High' vorbei ist, tritt das Schlechte mit ganzer Kraft auf die Bühne. Plötzlich meckert man grundlos an eigentlich guten Sachen rum.

Dies ist anscheinend beim Wegzug vom Berg Sinaï geschehen: alles Schlechte, welches ruhig monatelang geschlummert hatte, erschien überraschend und griff mit allen Kräften an.

Die Lösung dieses großen Problems ist aber recht einfach. Weiß man vom Problem, so ist dies schon die erste Hälfte der Lösung. Und die zweite Hälfte ist, dass man sich inmitten des 'Hochfluges' auf die Wende vorbereitet und einen Plan entwirft, wie man sich in der kommenden schlechten Laune verhalten wird. C'est tout.


Nun zu einem weiteren Aufstieg, jedoch einem negativen. Zuerst ein bisschen Hintergrund. Im jüdischen Gesetz, in der Halacha [הֲלָכָה], gibt es sehr oft absichtlich graue Zonen. Z.B. ob man verpflichtet ist, (in einer Synagoge) mit mindestens zehn Jiden, mit einem sogenannten Minjan [מִנְיָן] zu beten oder ob man auch alleine die drei täglichen Gebete beten kann. Die Halacha schreibt lediglich vor, dass im Fall, dass es im Umkreis von 18 Minuten ein Minjan hat, dass man hingehen muss. Darf man an einem Ort wohnen, wo es weit und breit keine Synagoge hat? Natürlich ist dies unerwünscht, verboten ist es aber nicht. Eben eine graue Zone. Andere gehen nicht mal an einen Ferienort ohne Minjan – ER freut sich sicher darüber, verlangen verlangt ER es aber nicht.

Das Rasieren mit einem Messer ist verboten. Rasierapparate, bei denen das Schneidmesser die Haut berührt, sind ebenfalls untersagt. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass man einen Bart wachsen lassen muss. Sicher freut ER sich, wenn man die Barthaare überhaupt nicht kürzt, aber verlangt wird es keineswegs.

Das Problem fängt an, falls man zu schnell zu fromm wird und überall alles extrem ernst nimmt. Dies passiert leider zu oft bei den sogenannten Ba'alej T‘schuwah [בַּעֲלֵי תְּשׁוּבָה], also solche, die zur jüdischen Religion zurückkehren. Diese spüren das Gute und sehen das Licht der jüdischen Religion, wollen mehr und mehr davon haben und gehen ins Extreme. Das Extreme allein ist schon positiv, wenn man langsam die Leiter hochklettert und man immer glücklich dabei ist. Klettert man aber zu schnell rauf, so fühlt man sich plötzlich derart eingeengt, dass man alles über den Haufen wirft.

Deshalb ist eine geistige Führung speziell für Ba'alej T‘schuwah unerlässlich. Diese halten sie dann am zu schnellen Aufstieg zurück und so wird ein glückliches und stetiges Vorwärtskommen ermöglicht.

שַׁבַּת שָׁלוֹם וּמְבֹרָךְ

Schabbat Schalom Um’worach

Einen Friedvollen und gesegneten Sabbat

 
 

 

Gut Schabbes
Moische Bollag

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13. Siwan 5783, 2. Juni 2023,

 

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