Diese Woche lernen wir die ersten Geschichten unseres Stammesvaters Abraham Owinu1אָבִינוּ
unser (Vor)Vater. GOTT ließ Abraham Owinu 10 Prüfungen durchgehen. Zuerst kam der Befehl, dass er sein Heimatland zu verlassen habe. GOTT verspricht ihm, dass es ihm am Zielort äußerst gut gehen werde. Abraham verlässt tatsächlich Mesopotamien und kommt ins Heilige Land, welches damals inmitten des Einzuges von K’na‘an2כְּנַעַן war.
Abraham stammte von Schem3שֵׁם, einem der drei Söhne von Noach. Er persönlich kam wie erwähnt aus Mesopotamien. Andere Nachkommen von Schem, also Semiten [Unser (das Lateinische) ABC stammt von den Griechen. Die Griechen haben in ihrer Sprache kein Sch und auch kein Zeichen dafür. Deshalb hat das Deutsch das sch, das Französisch das ch und das Englisch das sh. Als die Griechen das Heilige Land einnahmen und das sch nicht aussprechen konnten, wurden die Schemiten [Nachkommen von Schem] zu Semiten, Schlomo zu Salomon usw.], wohnten bereits im Heiligen Land, wurden aber genau zu dieser Zeit immer mehr von den K’na‘anitern, Abkommen von Chom4חָם, einem anderen Sohn von Noach, verdrängt.
Nun kommt Abraham ins Heilige Land mit der Zusage GOTTES, er werde auch finanziell keine Probleme haben. Stattdessen kommt es genau dann zu einer Hungersnot und Abraham ist gezwungen, nach Mizraïm5מִצְרַיִם
Ägypten weiterzuziehen. In Ägypten findet man, dass seine bildhübsche Frau Soroh6שָׂרָה eine Frau von König Par'oi7פַּרְעֹה
Pharao werden soll. All dies im krassen Gegensatz zum versprochenen Glück! Trotz allem reklamiert Abraham nicht über sein Schicksal. Vertrieben von seiner Heimat lässt ihn GOTT hungernd umherziehen und dann wird ihm noch seine geliebte Frau gestohlen! Und mit all dem, Abraham fragt nicht GOTT, weshalb er sein Wort anscheinend gebrochen hat?
Nun aber ändert das Glücksrad die Richtung. Damit die Familie der zukünftigen Königin nicht arm ist, wird Abraham von Par'oi beschenkt, er wird ein reicher Mann. In der Hochzeitsnacht bestraft GOTT den Par'oi und den ganzen Palast. Soroh wird unangetastet freigegeben und Abraham kehrt als reicher Mann zurück ins Heilige Land.
”וַיֵּ֙לֶךְ֙ לְמַסָּעָ֔יו מִנֶּ֖גֶב וְעַד־בֵּֽית־אֵ֑ל עַד־הַמָּק֗וֹם אֲשֶׁר־הָ֨יָה שָׁ֤ם אׇֽהֳלֹה֙ בַּתְּחִלָּ֔ה בֵּ֥ין בֵּֽית־אֵ֖ל וּבֵ֥ין הָעָֽי׃ “
(בראשית י"ג ג')
„Er zog auf seinen früheren Wegen von Süden nach Beth-El zu, bis an den Ort, wo vorher sein Zelt gewesen, zwischen Beth-El und Ai,”
(B’reschit, Genesis, 1 Buch Mose 13. 3)
Dieses Zurückkehren wird in der Parsche8פָּרָשָׁה
Wochenabschnitt mit וַיֵּלֶךְ לְמַסָּעָיו 9B’reschit, Genesis,
1 Buch Mose 13. 3 [Er zog auf seinen früheren Wegen] beschrieben, Abraham sei seine Route gegangen. Raschi erklärt dieses Route-Begehen mit zwei Erklärungen. Erstens sei Abraham in den gleichen Herbergen wie bei der Hinreise abgestiegen. Will sagen, Abraham hat seinen Lebensstandard nicht angepasst. Die gleichen Herbergen, welche er bei der Hinreise, als er blutarm war, benutzt hatte, die gleichen waren ihm auch bei der Rückreise als reicher Mann gut genug.
Zweitens habe er die gleiche Route eingeschlagen, um seine Schulden abzubezahlen. Dieser Schuldenausgleich kann rein finanzieller Art gewesen sein: Abraham habe bei der Hinreise nicht einmal die Zeche bezahlen können. So erzählt uns die Torah, dass er sofort nach dem erreichten Reichtum seine offenen Rechnungen bezahlen ging.
Aber mit dem Schuldenausgleich wird auch eine andere Schuld gemeint. Abraham hatte ja Mesopotamien mit GOTTES Geleit verlassen. Als er nun so armselig nach Ägypten weiterziehen musste, lachten ihn alle Götzendiener aus mit der anscheinend berechtigten Frage, ob Abrahams GOTT seine Versprechen denn nicht einhalten könne? So schlug Abraham beim Zurückkommen die gleiche Route wieder ein, liess allen seinen schweren Reichtum sehen und bezahlte somit seine Schuld, seine Pflicht, GOTT ins richtige Licht zu rücken.
Wie wir sehen, bekam Abraham das versprochene Gute, hatte aber eine lange Durststrecke zuvor. Als die Jiden beim Berge Sinai zum Volk wurden, so versprach ihnen GOTT, dass falls sie sich an die Regeln der Torah halten werden, so werden sie auf dieser Welt glücklich sein. Die Torah verspricht kein Paradies im Jenseits und droht auch nicht mit dem Fegefeuer. Nein, die Torah verspricht irdisches Gute für die Guten und das Gegenteil für die Bösen, hier auf dieser Welt. Und wenn wir die Bibel durchgehen, so geschah dies auch alle Jahre: in den guten Zeiten ging es den Jiden gut und hatten einen souveränen Staat, kaum kamen sie ab vom jüdischen Weg, so wurden sie von den Nachbarn beraubt, unterdrückt, schikaniert usw.
Diese Epoche dauerte an bis nach der Zerstörung des zweiten Tempels vor annähernd zweitausend Jahren. Seit Rabbi Akiwo10רַבִּי עֲקִיבָא hat GOTT den Plan geändert. Das Volk Israel ist kein Kind mehr, welches sofort nach der Tat belohnt oder bestraft werden muss. Das Volk Israel ist sozusagen erwachsen geworden und verträgt ähnlich zu dem, was wir bei Abraham Owinu gesehen haben, Durststrecken. So kann es lange Zeiten geben, bei denen es den Schlechten gut geht und den Guten zeitweilig schlecht! 11Unsere Weisen [חז"ל] nennen dieses Verhalten von GOTT:
צדיק ורע לו ורשע וטוב לו
"Dem Gerechten geht es schlecht und dem Bösen geht es gut".
Rabbi Akiwo wurde von den Römern aufs Grausamste umgebracht. Aber Rabbi Akiwo blieb stark, freute sich sogar seines GOTTES und hauchte seine Seele aus mit dem Ausruf von שְׁמַע יִשְׂרָאֵל יְ-ה-וָ-ה אֱלֹקֵינוּ יְ-ה-וָ-ה אֶחָד [Höre, Israel, der HERR, unser GOTT, ist ein einiges ewiges Wesen]. Denn wir sind Nachkommen von Abraham Owinu, wir sind keine Kinder mehr und wir sind auch inmitten etwaigen Durststrecken der unerschütterlichen Meinung, dass der GUTE am Ende alles zum Guten kommen lassen wird!