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Der Wochenabschnitt
פִּינְחָס
Pinchass

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


Diese Woche lernen wir zuerst einmal vom Lohn, welcher Pinchass [פִּינְחָס] für seine Heldentat bekommen hat. Seine Heldentat wurde am Ende der Erzählung der letzten Woche beschrieben. Was war geschehen?

Wir befinden uns bei den letzten Vorbereitungen vor dem Eintritt ins Heilige Land. Die Jiden haben bereits das Gebiet östlich des Jordanflusses eingenommen. HASCHEM hatte ihnen verboten, das Land von Mo'aw [מוֹאָב] zu betreten, da Mo'aw's Vorfahre Lot seinen Onkel, unseren Stammesvater Abraham begleitet hatte. Trotzdem wollten die Mo'awiter die Jiden vertreiben. Sie hatten sich an Bil'am [בִּלְעָם] gewendet, doch HASCHEM hielt ihn zurück und ließ ihn die Jiden nicht verfluchen. Da gab Bil'am dem König von Mo'aw, dem Bolok [בָּלָק], einen Rat. Der Jüdische G"tt hasse speziell Unsittlichkeiten. So soll Bolok probieren, die Jiden zu verführen und falls die Jiden tatsächlich Unsittlichkeiten machen würden, dann werde ER sie schon bestrafen.

Leider ging dieser Plan tatsächlich auf. Die Mo'awiter verbündeten sich mit dem Volk von Midjon [מִדְיָן] und errichteten eine Art Einkaufsparadies (aus Zelten) neben den Jiden.

Die Jiden, die vierzig Jahren das gleiche Essen gegessen1Das Manna [מָן], lediglich Wasser getrunken und immer die gleichen Kleider getragen hatten – für sie war der Einkaufsbummel eine ganz neue Erfahrung. Die Mo'awiter benutzen auch Tricks, die uns von der Werbung bekannt sind. Außerhalb der Zelte saßen Seniorinnen und boten ihre Ware an. Kaum hatte sich ein Jid einem Verkaufsstand genähert, rief eine Verkäuferin vom Zelt hinaus, sie biete einen billigeren Preis. Als der Jid einmal im Zelt war, da traf er auf ein attraktives, junges Fräulein, welches ihn bald verführte.

Damals bestrafte ER unmittelbar nach begangener Tat.
Die Bibel ist voll davon, dass sobald sie sich gut rsp. schlecht aufführten, ER sie dementsprechend behandelte. Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels, in der Zeit von Rabbi Akiva, fing eine neue Epoche an. Die Zeit, in der צדיק ורע לו רשע וטוב לו [Dem Gerechten geht es schlecht und dem Bösen geht es gut]. Am Schluss bekommt sicher jeder, was ihm zusteht! Aber unmittelbar nach getaner Arbeit kann es passieren, dass צדיק ורע לו רשע וטוב לו.
Und so startete eine Epidemie, viele Sündiger starben. Als dann noch ein Führer des Stammes Schimon [שִׁמְעוֹן] das Heiraten einer Nichtjüdin offiziell erlauben wollte, griff Pinchass zur Tat. Er begab sich in die Höhle des Löwen, inmitten des Stammes Schimon
Eigentlich hätten die Menschen von Schimon den Pinchass sofort umbringen sollen. (Siehe 'תרגום יונתן במדבר כ"ה ח')
und eliminierte ihren Anführer mitsamt seiner Nichtjüdin. Und die Epidemie stoppte sofort.

Ich glaube, dies kann man mit einer Schulklasse vergleichen, deren Lehrer übernatürlich in seine Schüler investiert und sie auch mit eigenen Mitteln unterstützt. Da bricht ein Aufstand in der Klasse gegen den Lehrer aus. Der Lehrer spürt sich zu Recht gedemütigt. Sogar wenn er nur seine Pflicht getan hätte, wäre eine Rebellion gegen ihn eine Unverschämtheit. Umso mehr jetzt, da er sich weit über das Fenster für seine Schüler gelehnt hatte. Da bildet sich in der Klasse eine Koalition gegen die Rebellen und meldet sich stark zu Wort. Dies beruhigt den Lehrer.

Hätte ER die Jiden lediglich aus der Knechtschaft befreit, sie lediglich mit Brot und Wasser versorgt und sie in ein normales Land gebracht – wäre auch dies ein riesiges Geschenk an ein Volk von Sklaven. (Man denke an das Buch 'Onkel Toms Hütte'.) Aber er hatte sie mit Manna versorgt, sie mit einer Klimaanlage (= den עַנְנֵי־הַכָּבוֹד - Wolkensäule) ausgestattet, er hatte ihnen das beste Stück Erde der Welt bestimmt – ein Aufstand gegen IHN ist wirklich ein Sakrileg. Da Pinchass aber sozusagen IHM die Arbeit abgenommen hatte und ER aufhören konnte, seine geliebten Jiden zu bestrafen, bereitete dies IHM eine solche Freude, dass ER ihn reichlich belohnte.

Zum Thema Sittlichkeit. Als das ultraorthodoxe Judentum zum Schluss kam, dass sie eine Partei, eine Organisation gründen müssen, die Agudath Jisrael [אֲגוּדָּת יִשְׂרָאֵל], dann trafen sich die Größen aller ultraorthodoxen Gruppierungen. Nun halten sich die Jiden der deutsch-/und französischsprechenden Ländern4Die sogenannten Jekkes. , sowie die Jiden der baltischen Länder5Die sogenannten Litwakes oder Mitnagdim. genau an das Jüdische Gesetz, wie sie im Schulchan Aruch [שֻׁלְחָן עָרוּךְ] festgesetzt wurden. Die Juden aus Polen und Russland jedoch, die sogenannten Chassidim, die gehen extrem weit mit allem, was mit Sittlichkeit zu tun hat. So gehen die Männer nicht nur mit einer Kopfbedeckung, der Kippa [כִּפָּה], sondern zusätzlich mit einem Hut. Nicht nur mit einem Hemd mit langen Ärmeln, sondern auch noch mit einem Anzug usw.

Als man nun in Wien den Saal für die Gründungszeremonie der Agudath Jisrael vorbereitete und die Frauen einfach und dem Gesetz entsprechend hinter einer kleinen Abgrenzung sitzen lassen wollten, da verlangten die Chassidim eine hohe, fast undurchsichtige Trennung. Beide Seiten akzeptierten den Chafez Chajim [חָפֵץ חַיִּים] und so wandte man sich an ihn. .

Der Chafez Chajim wollte niemanden degradieren und antwortete: "Wir wissen, dass Sittlichkeit bei IHM einen speziellen Stellenwert hat. Nun wollen die einen übertreiben und mehr, als das Gesetz vorschreibt, machen. Da dies eigentlich eine schöne und positive Geste ist, wenn auch übertrieben, sollen doch die anderen dies ihnen ermöglichen. ER wird sich sicher damit freuen."
Seine Worte waren eigentlich: "Wir wissen, dass צניעות – השראת השכינה bringt. Nun wollen die etwas מחמיר sein …"

Ähnlich hält sich es in Bezug auf das Einkaufszentrum.

Der Fahrlehrer meines Vaters sagte ihm vor sechzig Jahren: „Herr Bollag! Wenn Sie von rechts kommen, dann geben Sie nie nach! Auf Ihrem Grabstein wird man folgende Worte meißeln: Er kam von rechts!"

 

שַׁבַּת שָׁלוֹם וּמְבֹרָךְ

Schabbat Schalom Um’worach

Einen Friedvollen und gesegneten Sabbat

 
 

 

Gut Schabbes
Moische Bollag

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18. Tammus 5783, 7. Juli 2023,

 

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