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Der Wochenabschnitt
תַזְרִיעַ
Tasria

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


Diese Woche lernen wir verschiedene Gesetze der Beschneidung. Zum Beispiel, dass falls die Beschneidung am achten Tag geschehen kann, dass man sie auch am Schabbat machen darf, obwohl eigentlich jegliches Blutvergiessen am Schabbat verboten ist. Musste man die Beschneidung verschieben und sie findet nach dem achten Tag statt, so muss man auf Sonntag warten. Ein בְּרִית שֶׁלֹּא בְּזְמָנָו, [Brit Schelo B‘Smano = eine Beschneidung, die nicht zu rechter Zeit ist] eine Beschneidung nicht am achten Tag, darf man nicht am Schabbat oder Jom Tov [ יוֹם טוֹב= Feiertag] machen.

Jeder, der sich beschneiden lässt, ist sich bewusst, dass er sich in eine gewisse Gefahr begibt. Sehr oft in der Weltgeschichte wurden Jiden anhand ihrer Beschneidung erkannt und umgebracht. Sehr oft auch im Holocaust. Und trotzdem ist die Beschneidung das Gebot, welches annähernd von allen Jiden praktiziert wird!

Bei einem Putschversuch geben sich die Aufständigen ein Merkmal, ein Erkennungszeichen. In Frankreich zogen sich letztens die Demonstrierenden eine gelbe Weste an. Stellen wir uns vor, bei einem Putschversuch zogen sich auch die Anhänger des Herrschers ein Merkmal an. Nachdem der Putschversuch verhindert werden konnte, belohnt der Herrscher all jene, welche ihn in der schweren Zeit unterstützt haben und trotz der Gefahr, von den Demonstrierenden angegriffen zu werden, ihre Loyalität offen zeigten. Und genau dies ist auch bei uns der Fall, wenn wir uns beschneiden lassen.

HASCHEM verlangt von uns, alles daran zu setzen, dass wir leben. Der Selbstmord ist einer der grössten Sünden. Auch verlangt ER von uns, alle Verbote zu missachten, wenn es darum geht, das Leben eines Jiden zu verlängern, auch wenn der Kranke sowieso bald sterben wird. Andererseits, steht die Gefahr nicht unmittelbar vor uns, hat man sich ja zu beschneiden.

Wo liegt da die Grenze? Wir probieren es so zu definieren: Spürt sich jemand schlecht, so übertritt man alle Verbote, auch wenn nur ein Verdacht auf eine Lebensgefahr besteht. Denn vor uns spürt sich jemand schlecht. Hingegen wollte jemand eine Strasse Richtung eines Spitals auch am Schabbat bauen lassen mit der Begründung, Menschen könnten auf dem Weg zum Spital sterben, solange die neue Strasse noch nicht fertiggestellt ist. Dies ist jedoch kein Grund, den Schabbat zu entweihen. Denn im Moment sind alle gesund, im Moment steht niemand vor uns, welcher in Lebensgefahr schwebt.

Wie weit darf man sich in Gefahr bringen? Einerseits darf man nicht einmal neben einer schwachen Wand durchgehen und auf eine schwache Leiter steigen. Andererseits darf man bei Grünlicht über die Strasse gehen, obwohl auch dies eine Gefahr ist. Bei einer schwachen Wand kann man ja auf die andere Strassenseite wechseln. Andererseits wird nicht verlangt, immer zu Hause zu bleiben, damit man nicht in einen Verkehrsunfall verwickelt wird.

Ob man ein Kind im Holocaust beschneiden musste, ist ein Grenzfall. Nicht jedem Jid wurden die Hosen runtergezogen. Und trotzdem kenne ich einen Jid, dessen Vater ihn sogar nach dem Holocaust nicht beschneiden liess, bis sie es geschafft hatten, Polen zu verlassen. Das Leben der Jiden in Polen war sogar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefährlich!

Viele andere haben ihre Kinder auch mitten im Krieg beschnitten. Ganz nach dem Motto des sechsten Lubawitscher Rebbe selig. Er wurde von den Kommunisten verhaftet. Während eines Verhörs wollte ihm ein Kommissar der NKWD Angst einjagen. So zog er seinen Revolver mit den Worten: "Dieses Spielzeug hat schon die Meinung vieler Menschen geändert." Da gab ihm der Rebbe selig zur Antwort: "Ein solches Spielzeug flösst denen Menschen Furcht ein, die ein Leben und viele Götter haben. Der, welcher ein Gott und zwei Leben hat
Dass nach dem Sterben die Seele weiter in einer anderen, besseren Welt bestehen bleibt.
, der fürchtet sich nicht davor."

Ein weiterer Grund, Kinder auch im Holocaust zu beschneiden: ER verlangt von uns, unser Leben für drei Verbote ja zu opfern. Für das Nicht-Töten, für das Nicht-Glauben an eine andere Religion und für das Eheleben. Sollte also jemand mit dem Leben bedroht werden, falls er nicht das islamische Glaubensbekenntnis sagt, so darf er es trotzdem nicht sagen!

Als Zar Nikolaus I. von allen russischen Bürgern verlangte, westeuropäische Kleider anzuziehen und sich nicht mehr mit langen Anzügen zu bekleiden, da entstand eine grosse Kontroverse unter den Rabbinern. Man war sich unklar, was hinter diesem Dekret lag. War das Ziel lediglich, Russland dem Westeuropa näherzubringen, so war dies kein Angriff auf das Judentum und jeder Jid durfte sich westeuropäisch anziehen. War das Ziel jedoch, die Jiden allmählich den Russen anzupassen, sie vom Judentum zu entfernen und als erster Schritt deren spezielle Kleidung abzuschaffen – so musste man sich auch unter Lebensgefahr jüdisch kleiden!
Vor diesem Gesetz gingen alle Jiden lang. Heute gehen die Nachkommen der Leute, die damals auf kurz gewechselt haben, normale Kleider und die Nachkommen der anderen Gruppe, vor allem die Chassidim, gehen bis heute lang. Deutsche Jiden haben aus einem anderen Grund auf kurz gewechselt.

Auch bei Hitler war man sich nicht klar. War er vor allem gegen die Jiden selbst, so musste man alles daran setzen
Außer den drei Verboten.
, leben zu bleiben und sich nicht zu beschneiden. War Hitler auch gegen die jüdische Religion, so hatte man sich ja zu beschneiden, da in einem solchen Fall jedes jüdische Zeichen gegen den Versuch, vom jüdischen Glauben abzubringen, steht.

שַׁבַּת שָׁלוֹם וּמְבֹרָךְ

Schabbat Schalom Um’worach

Einen Friedvollen und gesegneten Sabbat

 
 

 

Gut Schabbes
Moische Bollag

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30. Nissan 5783, 21 April 2023,

 

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