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Der Wochenabschnitt
וַיַּקְהֵל - פְקוּדֵי
WaJakhel-P'kudej

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


WaJakhel - P’kudej - וַיַּקְהֵל - פְקוּדֵי

Hat man etwas oder jemanden gern, so spricht man immer wieder davon. Hingegen, wenn man von einer Person, welche man nicht gerne hat, gefragt wird, so antwortet man so kurz wie möglich. "Ja", "Nein", "Rechts", "Links" usw.

So kann man vielleicht verstehen, weshalb die Torah abermals vom Mischkan [מִשְׁכָּן = Stifthütte] spricht. In den Wochenabschnitten von T‘rumah [תְּרוּמָה] und T‘zawe [תְּצַוֶּה] haben wir gelernt, dass HASCHEM dem Mosche befohlen hat, das Mischkan zu bauen. Diese Woche, im Abschnitt von Wajakhel [וַיַּקְהֵל] haben wir gelernt, wie Mosche den Jiden den Befehl weitergab. Diese Woche wird zuerst erzählt, dass sie alles hergestellt haben und danach, wie sie das Mischkan aufbauten.

Beim Erzählen des Aufbau steht über 15 Mal, er habe dieses und jenes aufgebaut – "כַּאֲשֶׁר צִוָּה יְ-הֹ-וָ-ה אֶת מֹשֶׁה - so wie HASCHEM den Mosche befohlen hat." Diese Wiederholung scheint nun wirklich übertrieben. Normal sagt man am Anfang oder am Ende einer Liste, oder halt auch am Anfang und auch am Ende einer Liste, dass alles nach Vorschrift gemacht wurde. Weshalb also dieses ermüdende Wiederholen?

Um dies zu verstehen, müssen wir zurück zum Goldenen Kalb gehen. Nachdem HASCHEM die Zehn Gebote verkündet hatte, begab sich Mosche Rabejnu für 40 Tage auf den Berg Sinaï, um die ganze Torah zu lernen. Nachdem er am 40. Tag nicht zurückgekommen war, hatten die Jiden geglaubt, er käme nie mehr runter. So sammelten sie viel Gold und übergaben es Aharon [אַהֲרֹן], damit er etwas damit mache. Aharon hatte den Plan, Zeit zu gewinnen, da er wusste, dass Mosche am nächsten Morgen, am 41. Tag erscheinen werde. Sein Plan war gewesen, offiziell mitzumachen, jedoch heimlich alles in die Länge zu ziehen, bis dann Mosche anderntags kommt. Als er jedoch das Gold im Feuer gerinnen ließ, da entsprang aus dem Feuer das Goldene Kalb.

Hier kommt die Überraschung: die Jiden sagten auf das frisch erstandene Kalb:

”וַיֹּ֣אמְר֔וּ אֵ֤לֶּה אֱלֹהֶ֙יךָ֙ יִשְׂרָאֵ֔ל אֲשֶׁ֥ר הֶעֱל֖וּךָ מֵאֶ֥רֶץ מִצְרָֽיִם׃“

(שמות ל"ב ד')

„Und sie sagten: dies ist Dein Gott, welcher Dich aus Ägypten befreit hat!”

(Sh’mot, Exodus, 2.Buch Mose 32, 4)

Die Jiden hatten zwar einen riesigen Fehler mit dem Goldenen Kalb gemacht, aber blöd waren sie nicht. Wie kann jemand zusehen, wie von seinem eigenen Gold etwas ersteht und dann gleichentags behaupten, diese Neugeburt habe ihn vor drei Monaten aus der Knechtschaft befreit?

Erklärt Rabbi Josef Dov Soloveitchik selig, die ganze Generation war in Ägypten zwischen Götzendiener aufgewachsen. Nach ihrer Befreiung war ihnen der Begriff eines allmächtigen Gottes, welcher zwar alleine aus nichts besteht, andererseits alles kann, auch das Erschaffen der Materie aus dem Nichts; auch der Begriff, dass sogar die Zeit erschaffen werden musste , all dies war für die Jiden ein bisschen viel zu verkraften. So hielten sie sich an Mosche Rabejnu fest. Seine Führung gab ihnen die Sicherheit, dass falls sie auch noch nicht alles verstehen, er ihnen immer den richtigen Weg zeigen werde. Als sie nun glaubten, er käme nicht mehr, suchten sie einen Ersatz.

Und ein solcher Ersatz war eigentlich auch geplant! Als das Mischkan einmal stand, konnte der Hohepriester gefragt werden. Dieser trug unter der Brust den Choschen HaMischpat [חֹשֶׁן הַמִּשְׁפָּט = Brustpanzer des Gerichts], auf dem zwölf Edelsteine eingenäht waren. Auf diesen Steinen waren die Namen der zwölf Stämme eingraviert.
Zusätzlich auch die Buchstaben der drei Stammesväter אברהם יצחק & יעקב, damit alle Buchstaben vorhanden sind.
Bei einer Frage leuchteten verschiedene Buchstaben auf, von denen der Hohepriester die Antwort GOTTES verstand.

Als die Jiden also nach dem vermeintlichem Verschwinden von Mosche Rabejnu Gold sammelten, um eine neue Führung herzustellen, so war ihre Absicht eigentlich eine positive. Wo war also das Problem, welches dazu brachte, dass von einer guten Absicht eine so große Sünde entstand?

Erklärt Rabbi Josef Dov Soloveitchik selig, wenn jemand ungebeten in eine fremde Wohnung kommt und den Boden sauber macht, so ist das Saubermachen schon etwas Positives, aber das ungebetene Eintreten in eine fremde Wohnung eine Sünde. Umso mehr ist es ein riesiges Vergehen, in den Palast eines Herrschers einzutreten und ungebeten die Statuen abzustauben. Dies, obwohl das Abstauben eigentlich ein Muss ist.

Das Bauen eines Mischkan ohne Befehl von HASCHEM ist dem ungebetenen Eintreten in den Palast GOTTES gleichzustellen. Und da das Einsammeln des Golds am 40. Tag ohne Befehl geschehen war, war ihr Plan ein Sakrileg. So entstand eine Sünde. Anfangs sagten die Jiden schon, dieses Kalb sei die neue Führung, welche ihnen den richtigen Weg von HASCHEM zeigen werde. Und HASCHEM hatte sie ja tatsächlich von Ägypten befreit und nicht das neuentstandene Kalb. Ihr Plan war anfangs gewesen, dass das Kalb lediglich der Represent GOTTES sein soll. Da dies aber ohne Befehl geschehen war, fingen sie bald an zu glauben, das Goldene Kalb besitze eigene Kräfte und könne selbstständig entscheiden. Es kam so weit, dass sie dem Kalb Opfer brachten und dies ist echter Götzendienst.

Als dann am 41.Tag Mosche Rabejnu erschien, beseitigte er zuerst einmal das Goldene Kalb. Dann wurden verschiedene Gruppen Jiden je nach Härte ihrer Sünde bestraft. Danach begab sich Mosche Rabejnu zweimal 40 Tage auf den Berg Sinaï, um Vergebung zu beten. Am Jom Kippur kam er mit der Vergebung zurück und mit dem Befehl, das Mischkan zu bauen.

Als das Mischkan dann ein halbes Jahr später, am ersten Nissan, aufgebaut wurde – da entstand das Bedürfnis zu erklären, weshalb das Mischkan, im Gegensatz zum Goldenen Kalb, eine Mizwa [מִצְוָה = ein Gebot] sei. Und der Unterschied war eben dieser, dass jedes kleinste Detail " כַּאֲשֶׁר צִוָּה יְ-הֹ-וָ-ה אֶת מֹשֶׁה, so wie HASCHEM den Mosche befohlen hat" gemacht wurde. Deshalb diese vielfache Wiederholung dieser Tatsache.

 
 

 

Gut Schabbes
Moische Bollag

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24. Adar 5783, 17 März 2023,

 

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