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Der Wochenabschnitt
צַו
Zaw

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


Diese Woche lernen wir die letzten Gesetze der Schlachtopfer.

Das Blut, welches nach dem Schlachten rausspritzt, wird so gut wie möglich mit einem Becher aufgefangen und auf den מִזְבֵּחַ – den Altar gespritzt. Zusätzlich kommt ein Teil des Fleisches auf den מִזְבֵּחַ – den Altar.

Bei einem קָרְבַּן עוֹלָה‎ – einem Opfer, bei welchem fast das ganze Tier auf dem Altar kommt, wird das Fell abgezogen
Die Haut des Kopfes wird nicht abgezogen.
und unter den כֹּהֲנִים – den Priestern verteilt.
Das Fell ist nicht heilig und man darf auch z.B. Schuhe daraus fabrizieren.
Dann wird das Tier nach Vorschrift in Teile zerlegt. Die Füße und der Darm werden gewaschen und alles auf dem מִזְבֵּחַ – dem Altar verbrannt. Die Hörner und Hufe werden nicht abgeschnitten und mitverbrannt. Wurden sie trotzdem abgetrennt, so kann man mit ihnen machen, was man will.

Bei allen anderen Opfertieren kommen lediglich ein paar unbedeutende Fettstücke
Auch das Zwerchfell und die Nieren gehören nicht zu den Delikatessen eines Tieres. Bedeutend ist lediglich der Schwanz der Schafe, welcher auf den Altar kommt.
auf den Altar. Der ganze Rest wird entweder von den Priestern im Hof des בֵּית הַמִּקְדָּשׁ – des Tempels gegessen oder von allen Jiden in Jerusalem.

Im großen Ganzen kommen also das Blut und einige Fettstücke auf den Altar.

Da HASCHEM nicht auf unsere Gaben angewiesen ist - ER besitzt ja alles was er sozusagen benötigt
Vergleiche mit Psalmen 50 8-15. Z.B. Satz 12:
אִם אֶרְעַב לֹא אֹמַר לָךְ כִּי לִי תֵבֵל וּמְלֹאָהּ
[Wenn ich hungerte — dir sagt ich es nicht, denn mein ist die Welt und was sie füllt.]
– ist das Ziel der Opfer, dass wir IHM näherkommen und uns in der Zukunft besser verhalten werden.

Vielleicht kommt das Blut und das Fett deshalb auf den Altar: Das Blut steht für das Leben, das sich bewegen und die Schnelligkeit. Das Fett ist träge, faul und schwer beweglich. Meistens bringt man ein Opfer, weil man sich bessern will. Zum Beispiel weil man zu faul war, am Morgen aufzustehen, die Gebetsriemen anzuziehen und ein paar Minuten IHM zu danken, dass man gesund ist, dass man genug Essen hat, anständige Kleider besitzt, ein Dach über dem Kopf usw. Oder man will sich bessern, weil man zu einer Sünde gerannt ist. (Am Schabbes ist die Faulheit zum Teil vorgeschrieben.
Sicher ist das Ziel des Schabbes, dass man IHM näherkommt, indem man mehr betet und die Torah studiert. Aber auch das Ausruhen und das gute Essen sind ein wichtiger Bestandteil des Schabbes.
) War es seine Aufgabe, etwas Positives zu tun, da war er zu müde – war es seine Aufgabe, nicht bei etwas Negativem mitzumachen, da war er plötzlich voller Tatendrang und Energie.

So bringt er Blut und Fett auf den Altar und verspricht IHM, dass er ab heute seinen Tatendrang und seine Faulheit richtig einsetzen wird. Wird eine gute Tat auf der Traktandenliste stehen, wird er sich schnell bewegen – wird ihn eine Sünde anlächeln, wird er seine Faulheit einsetzen.

Wir wollen auch einen ganz anderen Aspekt der Opfer unter die Lupe nehmen. Das Schlachten und das Spritzen des Blutes müssen am Tag geschehen. Wann aber genau endet der Tag?

Auch hier sind die Aussagen des Talmuds widersprüchlich. Der Talmud ist das wichtigste Werk des jüdischen Gesetzes. Was tun, wenn der Talmud an einer Stelle anders schreibt als an einer anderen Stelle? Die sephardischen Gelehrten - grob gesagt, diejenigen, welche bei den Arabern wohnten
Wie etwa Rabbi Jizchak von Fez – der AlFassi (רבי יצחק אלפסי) und der Maimonides.
- waren der Ansicht, dass diejenige Stelle ausschlaggebend ist, welche das Thema ausführlich behandelt. Die Gelehrten der Aschkenasim - die, welche bei den Christen wohnten
Vor allem der Enkel von Raschi, Rabbi Jakov ben Meïr, der Rabbenu Tam. Aber auch alle anderen Ba'alej Tosafot. Siehe: Tosafot
- waren der Ansicht, dass alle Stellen des Talmud vom selben Verfasser geschrieben worden waren. So könne man nicht einer Stelle die Priorität zugestehen und die andere stehen lassen – alle Stellen sind richtig. Im Falle eines Widerspruches ist der Unterschied zwischen beiden Stellen zu finden und dann ist der Widerspruch behoben. Denn die einte Stelle stimmt in ihrem spezifischen Fall und die andere Stelle stimmt beim anderen Sachverhalt.

Tönt vielleicht kompliziert – ist es aber nicht, wie wir gleich sehen werden. Der Talmud im Traktat Schabbat 34b sagt, dass es 18 Minuten nach dem Sonnenuntergang sicherlich schon Nacht sei. Hingegen steht im Traktat Psachim 94a, dass es erst nach 72 Minuten nach Sonnenuntergang sicherlich Nacht sei!

Die sephardischen Rabbiner beweisen, dass die Stelle in Schabbat 34b mit den 18 Minuten die gründlichere sei und somit die ausschlaggebende. Nach dieser Ansicht, falls ein Kind beim Übergang von Freitag auf Schabbat dreißig Minuten nach Sonnenuntergang das Licht der Welt erblickt hat, so war die Geburt bereits am Schabbat und das Kind wird acht Tage später am nächsten Schabbat beschnitten.

Die aschkenasischen Rabbiner jedoch beweisen, dass die Stelle in Schabbat 34b mit den 18 Minuten von dem Schlachten der Opfer spricht. So erklären sie, dass lediglich im Bezug der Schlachtopfer der Tag bereits 18 Minuten nach Sonnenuntergang endet. In Bezug aller anderen Mizwot [מִצְווֹת]
Religiöse Belehrungen die zu einer Handlung verpflichten
wie Gebetsriemen, Lulav [לוּלָב]
Das spitze Ende des Palmzweigs. Eine der vier Arten im Judentum
und Beschneidung endet der Tag erst 72 Minuten nach Sonnenuntergang. Somit sind beide Stellen im Talmud richtig. Wird ein Kind z.B. dreißig Minuten nach Sonnenuntergang vom Freitagnachmittag geboren, so wird nach deren Ansicht das Kind am nächsten Freitag beschnitten, da die Geburt nach dieser Meinung noch am Freitag war!

 
 

 

Gut Schabbes
Moische Bollag

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9. Nissan 5783, 31 März 2023,

 

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