B’schallach - erneuerbare Energien
In unserem Wochenabschnitt lesen wir von der Teilung des Schilfmeer1קְרִיעַת-יַם-סוּף
K’rijat Jam Ssuf, und von dem wunderschönen Lied, das Am Israel2עַם יִשְׂרָאֵל
Das Volk Israel – dabei gesungen hat - Schirat HaJam [שִירַת הַיָּם], ein Lied, das wir jeden Morgen im Schacharit3שַחֲרִית
Morgengebet sagen. Aber es geht auch um den Kampf gegen Amaleq [עֲמָלֵק], an den wir uns ständig erinnern sollen (זָכוֹר אֵת אֲשֶׁר עָשָׂה לְךָ עֲמָלֵק - Erinnere dich, was Amalek dir angetan hat). Und last, but not least, über das größte Geschenk, das der Ewige den Juden (und der Menschheit) gab: der Schabbat [שַׁבָּת] - auch bekannt als erneuerbare Energien.
Ein moderner Traum der Teilung des Schilfmeers
In einem Programm des israelischen Fernsehens, wurden Familienangehörige von nach Gaza Entführten u.a. gefragt, wie sie sich die Rückkehr ihrer Angehörigen vorstellen. Eine Mutter eines Entführten antwortete folgendes (ibid. von Minute 25:45):
“Ich stelle mir vor, dass alle (israelischen) Soldaten, die in Gaza stationiert sind, von Gaza bis zur israelischen Grenzen in zwei Reihen stehen - und in der Mitte gehen alle Entführten durch, so wie bei der Teilung des Schilfmeeres.”
Das verbindet uns mit dem Gedanken unserer Gelehrten, dass ähnlich wie beim Auszug aus Ägypten auch jeder seine eigene persönliche Teilung des Schilfmeeres erleben soll - und erleben soll, wie er oder sie in der Mitte in die Freiheit gehen, und die Zores4צָרוֹת
Ärger/Leid (oder Zorerim5צוֹרְרִים
Unterdrücker
Wörtlich: Die Leid antuen rechts und links ertrinken.
Schirat HaJam - ein Dankeslied
Dankbarkeit6הַכָּרַת טוֹב
Hakarat HaTow - ist ein sehr zentraler Aspekt im Judentum. In unserer Parascha kommt er durch das Dankeslied zum Ausdruck, dass das Volk Israel nach der Teilung des Schilfmeeres sang - der Text (hier sehr schön von Rabbiner Samson Rafael Hirsch in seinem Siddur7סִדּוּר
Gebetsbuch ins deutsche übersetzt) wurde und wird sehr oft in Synagogen gesungen, und das bis zum heutigen Tage - eine moderne Version hier des bekannten israelischen Sängers Amir Benayoun.
Es gibt dazu eine Machloket8מַחְלֹקֶת
Meinungsverschiedenheit zwischen Rabbi Akiwa, Rabbi Eliezer und Rabbi Nechemia über die Schirat HaJam:
- Nach Rabbi Akiwa sagt Mosche Rabbeinu “denn er ist hoch und erhaben” (2. Moses 15:1), und Am Israel sang nach ihm, und nach jeder weiteren Strophe den Refrain “ihn will ich preisen” (2. Moses 15:2)
- Danach gibt Mosche Rabbeinu den Ton an, und das Volk Israel stimmt ihm mit dem Refrain zu, so wie beim “Amen [אָמֵן]” nach der B‘rachah9בְּרָכָה
Segen/Dankgebet. - Nach Rabbi Eliezer sagt Mosche Rabbeinu auch “ihn will ich preisen” (2. Moses 15:2), und Am Israel wiederholt es.
- Danach wiederholt das Volk Israel die Worte selbst - und jeder interpretiert sie auf seine Weise.
- Rabbi Nechemia hat eine andere Interpretation: Mosche Rabbeinu sagt nur die ersten Worte, und Am Israel vervollständigt sie.
- Danach ist Mosche Rabbeinu nicht ein Anführer, den das Volk Israel folgt, sondern eine Art Katalysator, der wie bei einer chemischen Reaktion die Aktivierungsenergie ist - aber das Volk Israel selbst agiert.
Der Kampf gegen Amaleq
Der in der Parascha erwähnte Kampf zwischen dem Volk Israel und HaSchem auf einer Seite (“Achse des Guten” könnte man das nennen), und Amaleq und seinen vom Jezer HaRa10יֵצֶר הַרַע
Der böse Trieb getriebenen Partner (“Achse des Bösen” könnte man das nennen), ist ein sehr zentrales Thema - und es ist etwas, das keine historische Realität beschreibt, sondern eine von jeder Generation wieder gelebte Situation.
זָכוֹר אֵת אֲשֶׁר עָשָׂה לְךָ עֲמָלֵק! [Sachor et ascher assah l'cha Amaleq] Erinnere dich daran, was Amaleq dir getan hat - und damit ist sowohl ein äußerer Feind gemeint, als auch ein “innerer Schweinehund”, den es zu überwinden und bekämpfen gilt.
Schabbat - erneuerbare Energien
Der Schabbat [שַׁבַּת], so wie wir ihn feiern und begehen, wird in dieser Parascha zum ersten Mal erwähnt - das ist DAS Geschenk HaSchems an die Menschheit!
Im Wochenabschnitt gibt HaSchem dem Volk Israel eine doppelte Portion Manna am Freitag, damit es auch für Schabbat reicht (daher haben wir immer zwei Challot11יחַלּוֹת
Schabbat-Brote zu Schabbat).
Rabbiner Sacks sz”l geht in seinem Pejrusch12פֵּירוּשׁ
Deutung/Auslegung zu der Parascha nur auf das Thema Schabbat ein: Von den antiken Griechen, die das Konzept einer “Sechs-Tage-Woche” bei der Erschaffung der Welt und eines Ruhetags nicht verstehen, über Achad HaAm, der gesagt hat “mehr als dass das Volk Israel den Schabbat gehalten hat, hat der Schabbat Israel erhalten” und bis zu dem folgenden Ausruf eines Sikhs bei einem Seminar verschiedener Religionen in Indien: “Wir brauchen das, was die Juden haben - Schabbat!”
Schabbat ist der Moment, wo wir uns von dem Stress der Woche und der Arbeitswelt trennen, wo wir keine traurige Nachrichten hören (von denen es in letzter Zeit zu viel gibt), wo es keine Hierarchien gibt, und - und das ist der Hauptpunkt: wo wir die Zeit mit unserer Familie und mit unserer K’hilla13קְהִילָּה
Gemeinschaft/Gemeinde [ – ] genießen und sie - die Zeit - uns selbst einteilen, statt ihr hinterherzulaufen.
Wir schärfen unsere Messer und sammeln Energie - und Heiligkeit - für die ganze Woche!