Bo: [בֹּא = „gehen“ oder „kommen“]
Let my people go!
Wenn es eine “Rangliste” von großen Themen der Paraschot HaSchawua1Pluralform von
Parschat HaSchawua
פָּרָשַׁת הַשָּׁבוּעַ
Wochenabschnitt geben würde, dann wäre Bo bestimmt in den Top 10, und wahrscheinlich sogar Medaillenanwärter für den ersten oder zweiten Platz: Die letzten drei der zehn Plagen, Moses Bitte “let my people go” (wunderbar vertont von Louis Armstrong), das verhärtete Herz von Pharao, und schließlich der Auszug aus Ägypten, DAS Ereignis, das uns als jüdisches Volk definiert, und das bei jedem Kiddusch erwähnt wird: זֵכֶר לִיצִיאַת מִצְרַיִם 2Secher LiJiziat Mizrajim
zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten.
Es ist auch der Wochenabschnitt, wo die erste Mizwah3מִצְוָוה
Gebot erwähnt wird, und mit ihr - nach dem Sefer HaChinuch [סֵפֶר הַחִינּוּךְ] die eindrucksvolle Zahl von 20 Mizwot4מִצְווֹת
Pluralform von Mizwah
מִצְוָוה (von 613).
Wieso fängt die Torah5תּוֹרָה mit der Erschaffung der Welt anstatt mit der ersten Mizwah? Fängt mit den 10 Plagen eine neue Welt an? (Spoiler6Ja) Und beschreibt die Parascha (nur) ein historisches Ereignis? (Spoiler7Nein) .
Was ist wichtiger - Erschaffung der Welt oder Rosch Chodesch?
Raschi [רש"י] fragt in seinem Kommentar zu den ersten Worten der Torah (1. Buch Moses 1:1) das Folgende:
Bevor wir zur Antwort - auch sie von Raschi - kommen, hat Raschi hier ein großes Prinzip in Wort gefasst: die Hauptsache sind die Mizwot, also nicht die Erschaffung der Welt, sondern WIE WIR UNS IN IHR VERHALTEN.
Warum fing die Torah also nicht mit der ersten Mizwah an?
Damit die Völker der Welt nicht sagen können, die Juden hätten das Heilige Land gestohlen (kommt einem bekannt vor?) - nein, der Ewige schief die Welt, und ER kann sie jedem Volk anbieten und auch wegnehmen, wie ein Vermieter - wir hingegen sind nur die Mieter.
Die 10 Plagen - A whole new world
Rabbiner Zadok HaCohen von Lublin, als auch Zadok von Lublin bekannt, sagt in seinem Werk Pri Zadik, dass jede der 10 Plagen einen Monat dauerte. Der Grund dafür sei, dass sich das Volk Israel geistig und physisch komplett neu orientieren müsse.
Dies knüpft auf einen Pejrusch8 פֵּירוּשׁ
Deutung/Auslegung von Chasal9חַזָּ"ל an, den kürzlich Rabbi Hagai Lundin zitierte: Die 10 Plagen stellen die Welt komplett auf den Kopf: vom Blutstropfen bis zum Erstgeborenen bleibt nichts so, wie es war. (Kommt einem bekannt vor?) Und tatsächlich ist die letzte Plage letztendlich die, die Pharao umstimmen lässt: Endlich stimmt er zu, das Volk Israel ziehen zu lassen. Der Auszug aus Ägypten beginnt.
Eine neue Welt - von Sklaverei in die Freiheit!
Zurück zu Rabbiner Zadok und Pri Zadik: Die Heuschreckenplage korrespondiert mit dem Monat, in dem wir uns befinden – Sch‘wat10שְׁבָט. Warum war diese Plage so signifikant? Weil sowohl die Ägypter als auch das Volk Israel realisierten, dass die Welt in der Hand des Ewigen ist!
Die Woche dieser Parascha feiern wir Tu biSch’wat11ט״ו בִּשְׁבָט, eines der vier jüdischen Neujahrsfeste (Neujahr der Bäume) - es ist dies die Möglichkeit, die wunderbare, vom Ewigen geschaffene Welt zu bewundern, und הַכָּרַת הַטוֹב12Hakarat HaTow
Dankbarkeit, Dankbarkeit zu haben. Und Zeit für eine spirituelle Erneuerung.
Persönlicher Auszug aus Ägypten
Der auch als Netivot Shalom bekannte Slonimer Rebbe Sholom Noach Barzovksy zt"l schreibt im Netivot Shalom:
Wir sind geschaffen worden, um uns aus Ägypten zu befreien. Die Torah ist kein Memoir, das die Vergangenheit Revue passieren lässt. Nein, sie gibt uns JEDEN TAG die Aufgabe, Jeziat Mizrajim13יְצִיאַת מִצְרַיִם
den Auszug aus Ägypten zu machen - selbst von der schlimmsten Lage, auch in der Gegenwart.
So schreibt der Netivot Shalom, der vor fast einem Vierteljahrhundert von uns gegangen ist.
Ich wünsche allen Lesern, dass wir die Schönheit der Schöpfung an Tu BiSchwat bewundern
חַג שָׂמֵחַ
Chag sameach
Einen Schönen Feiertag,
dass das Neujahrsfest der Bäume auch für uns einen Neuanfang darstellt, so wie die Welt nach den 10 Plagen und Auszug aus Ägypten.
Und dass auch jetzt, in der schlimmen Lage ein erfolgreiches Jeziat Mizrajim machen.