K'doschim
Von Heiligkeit, Nächstenliebe und Selbstliebe
Der Wochenabschnitt K'doschim:
- Wie unterscheidet sich die Heiligkeit HaSchems von der Heiligkeit vom Volke Israels?
- Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - was heißt das?
Seid heilig, denn ich bin heilig!
Rabbiner Dr. Israel Meir Levinger schlit”a erwähnt hier zwei sehr wichtige Unterschiede zwischen HaSchem und Am Israel:
- Das Wort „Keduschah” ⓘקְדוּשָּׁה
Heiligkeit bei HaSchem wird mit dem Buchstaben „waw“ „ו” geschrieben, das von Am Israel nicht - ein Hinweis darauf, dass die Heiligkeit HaSchems eine komplette ist, die der Menschen aber nicht. - Der Aufruf an die Menschen ist ein Imperativ (Befehlsform): „Ihr sollt heilig sein” ⓘקְדֹשִׁים תִּהְיוּ
K’doschim Tihiju - das ist ein Prozess, eine Aspiration, die mit viel Arbeit erreicht wird (wie gesagt, nie komplett). Bei HaSchem ist es hingegen Indikativ (Gegenwartsform): „Denn heilig bin ich” ⓘכִּי קָדוֹשׁ אֲנִי
Ki Kadosch Ani - HaSchem ist essentiell heilig!
Liebe deinen Nächsten
- wie dich selbst
- (oder als ob er du wärst)
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst” - das ist wohl einer der am weitesten zitierten Sätze der Torah - und am falschesten:
Erst einmal wird meistens der Anfang (alles, was vor „sondern” kommt) weggelassen, und auch der nächste Satz, der nach Ansichten vieler mindestens so wichtig ist wie der mit der Nächstenliebe - „Ich bin HaSchem”.
Dann gibt es im Hebräischen zwei Lesarten: „Liebe deinen Nächsten - so wie du dich selbst liebt.” Oder: „Liebe deinen Nächsten, als ob er du wärst!"
Liebe deinen Nächsten - so wie du dich selbst liebst
Der RambaN sagt zu der ersten Leseart (Liebe deinen Nächsten - so wie du dich selbst liebt), dass es zwar ein Ideal ist, seinen Mitmenschen so wie sich selbst zu lieben, aber etwas, was wir (im wahrsten Sinne des Wortes) nicht über das Herz bringen. Daher meint er, dass die Mizwahⓘמִצְוָה
Gebot darin besteht, den Erfolg des Freundes so zu wünschen, wie man sich den eigenen Erfolg wünscht. In anderen Worten - es seinem Nächsten zu vergönnen! (Das Wort „vergönnen” wurde ins moderne Hebräisch aufgenommen, wo es „lefargen” [לְפַרְגֵּן] wurde)
Liebe deinen Nächsten - als ob er du wärst
Rabbi Samson Raphael Hirsch sz”l liest es so wie die andere Leseart (Liebe deinen Nächsten, als ob er du wärst): Es ist die religiöse Pflicht eines Menschen, für sich selbst zu sorgen. Mit dieser Einstellung wird man in der Lage sein, das Gebot zu erfüllen, seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben.
Du sollst dich nicht rächen und nichts nachtragen den Kindern deines Volkes, sondern deinen Nächsten lieben.
Rabbiner Schlomo Wolbe sz”l sieht den Anfang des Satzes als Teil der Mizwah (der Nächstenliebe) - sei nicht eifersüchtig! So gab es nur eine Person in der Torah, die sah, dass jemand mehr hatte, als er hatte, aber nicht eifersüchtig war. Diese Person war Aharon. Moshe Rabbeinu zögerte, die Führungsrolle zu übernehmen, aus Angst, sein älterer Bruder Aharon könnte eifersüchtig werden. Nein, sagte Haschem (Sch‘mot 4:14), „Wenn er dich sieht, wird er sich in seinem Herzen freuen.“ Deshalb hatte es Aharon verdient, den Choschen/חֹשֶׁן/Brustpanzer über seinem Herzen zu tragen.
Du sollst dich nicht rächen und nichts nachtragen den Kindern deines Volkes, sondern deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. Ich bin HaSchem.
Der Baal Schem Tov verbindet diese Mizwah mit dem Abschluss (“Ich bin HaSchem”): Die Liebe zu einem anderen Juden sei das erste Tor sei, das in den Hof HaSchems führt. Dies basiert auf der Lehre des Sohar, dass „G-tt, die Torah und (Volk) Israel eins sind“. Daraus folgt, dass die Liebe zu G-tt, die Liebe zur Torah und die Liebe zu einem Mitjuden eins sind.