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Der Wochenabschnitt
כִּי תִשָּׂא
Ki Tisa

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


Ki Tisa - כּוֹחֵנוּ בְּאַחְדוּתֵנוּ1Kochejnu B’Achdutejnu
- unsere Stärke liegt in unserer Einheit

Im Wochenabschnitt Ki Tisa:

Die Armee des Volkes (Israel)

”וְכֹּ֗ל הָעֹבֵר֙ עַל־הַפְּקֻדִ֔ים מִבֶּ֛ן עֶשְׂרִ֥ים שָׁנָ֖ה וָמָ֑עְלָה יִתֵּ֖ן תְּרוּמַ֥ת יְ-ה-ֹוָֽ-ה׃“

(שמות ל' י"ד)

„Wer gezählt ist von zwanzig Jahren an und darüber, der soll diese Abgabe dem HERRN geben.

(Sch’mot, 2.Buch Moses, 30:14)

Das Alter hier ist nicht zufällig gewählt - 20 Jahre (das Mindestalter für die Volkssteuer des Machazit HaSchekel4מַחֲצִית הַשֶּׁקֶל
halben Schekel
) ist auch das Wehrpflichtalter.

Beides - die Volkssteuer und die Wehrpflicht - hatten (und haben) gemeinsam, dass jeder - unabhängig von welcher wirtschaftlichen Klasse er ist, unabhängig von welcher Herkunft (z.B. sefardisch oder aschkenasisch) er ist, unabhängig vom Niveau der religiösen Observanz - einen Beitrag zur Awodat HaSchem5'עֲבוֹדַת ה
dem Dienen G-ttes
leistet. Die Bedeutung ist auch, dass wenn man seine privaten Bedürfnisse denen seines Volkes unterordnet, man dann eine Brachah6בְּרָכָה
Segen
von HaSchem erhält, oder in den Worten der Paraschah7פָּרָשָׁה
Wochenabschnitt
.

”... וְלֹא־יִהְיֶ֥ה בָהֶ֛ם נֶ֖גֶף בִּפְקֹ֥ד אֹתָֽם׃“

(שמות ל' י"ב)

„… damit ihnen nicht eine Plage widerfahre, wenn (im Sinne von “indem”, BR) sie gezählt werden. ”

(Sch’mot, 2.Buch Moses, 30:12)

(Hier ist auch auf das Wort פִּקּוּד8Pikud
gezählt
hinzuweisen, dass im Hebräischen denselben Wortstamm hat wie פְּקֻדָּה9P‘kudah, also (milit.) Befehl.)

Und wenn man seine individuellen Bedürfnisse denen des Kollektivs unterordnet, dann ist man als Volk geeint - so wie die politischen Differenzen, die das Volk Israel vor dem 7. Oktober gespalten haben wie kaum zuvor in der Geschichte des Landes: Nach dem schrecklichen Pogrom dienten und dienen in der israelischen Armee Linke mit Rechten, Religiöse mit Säkularen, Sefarden mit Aschkenasen und Reiche mit Armen.

In diesem Zusammenhang schreibt Rav Kook, dass es einen großen Unterschied zwischen “Frieden” im westlichen Sinne und “Schalom” in der Torah gibt: “Frieden” ist immer nur ein Mittel zum Zweck - eine Bedingung, dass man sich als Individuum voll entfalten kann. Schalom (auch ein Name von HaSchem) hingegen ist ein Ziel - es kann genauso geschrieben werden wie schalem - ganz, vollständig.

Schalom kann folglich nur durch die Art von Einheit und Nächstenliebe, die das Volk Israel, und vor allem die israelische Armee(* siehe unten) seit dem 7. Oktober erreicht hat, erreicht werden, oder - um eines der weitverbreitetsten Slogans dieser Tage zu zitieren:

כּוֹחֵנוּ בְּאַחְדוּתֵנוּ
(unsere Stärke liegt in unserer Einheit)


* aber nicht nur, so haben unzählige Restaurants und private Initiativen Essen für Soldaten und Evakuierte gekocht, Hotels evakuierte Einwohner en masse (und natürlich ohne Rechnung) aufgenommen, und das ganze Land, einschließlich High-Tech-Millionäre volontiert, z.B. in der Landwirtschaft.


Das Goldene Kalb - Chronologie einer Sünde

”וַֽיְהִ֗י כַּאֲשֶׁ֤ר קָרַב֙ אֶל־הַֽמַּחֲנֶ֔ה וַיַּ֥רְא אֶת־הָעֵ֖גֶל וּמְחֹלֹ֑ת וַיִּֽחַר־אַ֣ף מֹשֶׁ֗ה וַיַּשְׁלֵ֤ךְ מִיָּדָו֙ אֶת־הַלֻּחֹ֔ת וַיְשַׁבֵּ֥ר אֹתָ֖ם תַּ֥חַת הָהָֽר׃“

(שמות ל"ב י"ט)

„Als Mose aber nahe zum Lager kam und das Kalb und das Tanzen sah, entbrannte sein Zorn, und er warf die Tafeln aus der Hand und zerbrach sie unten am Berge. ”

(Sch’mot, 2.Buch Moses, 32:19)

Während Mosche Rabbenu die Zehn Gebote empfängt, baut Am Israel ein Goldenes Kalb und betet es mit Gesang und Tanz an. Viel kann und wurde (und wird) dazu gesagt von unseren Weisen.

Welche Rolle spielt aber das Timing, der genaue Moment, als Mosche Rabbenu darauf reagierte?

Dazu schreibt Der Abarbanel folgendes:

Eigentlich hätte Mosche Rabbenu bereits am Anfang seines Abstiegs vom Berg Sinai (als er vom Goldenen Kalb hörte) die Tafel zerbrechen können.
Weil er wollte, dass das Volk Israel ihn sieht! Sie sahen VON NAHEM diesen schrecklichen Anblick der zerbrochenen Gesetzestafeln, die das Wort HaSchems enthielten - und das, dieser Schrecken, brachte sie zur T’schuwah10תְּשׁוּבָה
wörtlich: zurückkehren
hier „Reue“
.

Nach der jüdischen Tradition enthielt, nachdem Mosche Rabbenu die Gesetzestafeln erneut schrieb, die heilige Lade neben der zweiten vollständigen Tafel auch die Scherben der ersten Tafeln. Dies sollte - und soll - uns eine Mahnung sein, dafür, dass alles eine Geschichte hat und wir auch das Alte, Zerbrochene, nicht nur das Neue, Vollkommene betrachten sollen. Es symbolisiert aber auch, dass es für alles einen Tikkun11תִּקּוּן
eine Korrektur,
Verbesserung
gibt. Also auch, nachdem etwas zerbrochen ist, kann man es wieder reparieren.

Krankhaftes Flehen nach Vergebung

”וַיְחַ֣ל מֹשֶׁ֔ה אֶת־פְּנֵ֖י יְ-ה-ֹוָ֣-ה אֱלֹקָ֑יו וַיֹּ֗אמֶר לָמָ֤ה יְ-ה-ֹוָ-ה֙ יֶחֱרֶ֤ה אַפְּךָ֙ בְּעַמֶּ֔ךָ אֲשֶׁ֤ר הוֹצֵ֙אתָ֙ מֵאֶ֣רֶץ מִצְרַ֔יִם בְּכֹ֥חַ גָּד֖וֹל וּבְיָ֥ד חֲזָקָֽה׃”

(שמות ל"ב י"א)

„Mose wollte den HERRN, seinen G-tt, besänftigen und sprach: Ach, HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast?”

(Sch’mot, 2.Buch Moses, 32:11)

Wie Rabbi Elazar Ben Asarijah feststellt, hat das hebräische Wort, das die Torah hier für “besänftigen” benutzt, dieselbe Wurzel wie das Wort “krank”: יַחֵל [yakhel] für besänftigen und חוֹלֶה [kholeh] für krank. In anderen Worten war die Sünde des Goldenen Kalbes so groß, dass Mosche Rabbenu nicht einfach HaSchem um Vergebung bitten konnte - nein, er musste dafür so intensiv plädieren, dass er wahrhaftig krank wurde.

Rabbi Eliezer Ben Hyrkanos sieht in dem Wort yakhel nicht nur kholeh, sondern auch die Art der Krankheit: אָחִיְּלוּ [Achilu] - ein Knochenfieber. Und so wie die Knochen die Essenz des Lebens sind (ohne Knochen kann ein Mensch nicht leben), so musste auch das Flehen von Mosche Rabbenu aus den Knochen kommen. Im Hebräischen wird - und das verstärkt dieses Argument - dasselbe Wort für “Essenz” und für “Knochen” benutzt, nämlich Ezem [עֶצֶם].


Schkojach!

”ווַיֹּ֤אמֶר יְ-ה-ֹוָ-ה֙ אֶל־מֹשֶׁ֔ה פְּסׇל־לְךָ֛ שְׁנֵֽי־לֻחֹ֥ת אֲבָנִ֖ים כָּרִאשֹׁנִ֑ים וְכָתַבְתִּי֙ עַל־הַלֻּחֹ֔ת אֶ֨ת־הַדְּבָרִ֔ים אֲשֶׁ֥ר הָי֛וּ עַל־הַלֻּחֹ֥ת הָרִאשֹׁנִ֖ים אֲשֶׁ֥ר שִׁבַּֽרְתָּ׃“

(שמות ל"ד א')

„Und der HERR sprach zu Mose: Haue dir zwei steinerne Tafeln zu, wie die Ersten waren, dass ich die Worte darauf schreibe, die auf den ersten Tafeln standen, welche du zerbrochen hast. ”

(Sch’mot, 2.Buch Moses, 34:1)

Zum Abschluss ein Lob, direkt vom Ewigen!

Der Talmud (Schabbat 87a) macht, so wie Raschi, aus welche12אֲשֶׁר
Ascher
ein alle Achtung13יִשַּׁר
Jascher
- später wurde aus Jascher Koach (in etwa: der Herr gebe dir Kraft) das jiddische Schkojach, das noch heute so benutzt wird.

Und so schreibt der Talmud:

Dreierlei tat Mosche aus eigenem Ermessen, und der Heilige, gepriesen sei er, stimmte ihm bei. Er fügte aus eigenem Ermessen einen Tag hinzu, er zog sich von seiner Frau zurück, und er zerbrach die Bundestafeln.

Das bringt uns zum Zeitpunkt des Zerbrechens der Bundestafeln, und zum krankhaften Flehen zurück - Mosche Rabbenu musste sowohl dem Volk Israel als auch HaSchem zeigen (als auch sich selbst), wie gravierend die Sünde war, und wie gravierend er darauf reagieren musste. Und HaSchem erkannte es ihm an!

Es ist vergleichbar mit einem Kind, das bei roter Ampel auf die Straße läuft - ein einfaches Zureden oder auf die Schulter klopfen (um die Aufmerksamkeit zu erlangen) reicht da nicht - will man das Leben des Kindes retten, muss man es mit voller Kraft festhalten, auch wenn es ihm sehr weh tut, und es danach furchtbar weint.

Im Deutschen sagt man: “Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.”

Die Torah geht noch weiter und sagt: “Ende (der Sünde) mit Schrecken - Schkojach!”

 
 

 

שַׁבַּת שָׁלוֹם וּמְבֹרָךְ
Schabbat Schalom Um’worach
Einen Friedvollen und gesegneten Sabbat

Benjamin Rosendahl

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21. Adar I 5784, 1. März 2024,

 

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