Schoftim - Gerechtigkeit x 2
Der Name unseres Wochenabschnittes heißt Schoftim - שֹׁפְטִים - Richter!
- Was macht einen guten Richter aus?
- Später lesen wir „Zedek, Zedek, tirdof“ (Gerechtigkeit, Gerechtigkeit - verfolge sie!) - warum diese Doppelung?
- Was hat einen höheren Stellenwert - Zedekⓘצֶדֶק
Gerechtigkeit oder Chessedⓘחֶסֶד
Barmherzigkeit?
Richter, die ihren Namen Ehre machen
Was macht einen guten Richter aus? Nach dem Sefer HaChinuch (414:1-3) soll ein Richter vor allem das Gesetz (bezieht sich auf die Halachahⓘהֲלָכָה, das jüdische Religionsgesetz) im Detail kennen, also qualifiziert sein. Da könnte man natürlich heutzutage einwenden, dass Computer das bereits fast so gut beherrschen wie Menschen, Stichwort KI. Darauf antwortet das Sefer Chinuch ganz klar:
‚Ein Richter muss einen guten Charakter haben und ein anständiger Mensch sein, der in der Lage ist, „seine eigenen bösen Neigungen zu unterdrücken“ und „ein tapferes Herz hat, um die Unterdrückten vor dem Unterdrücker zu retten“‘.
(Sefer HaChinuch 414:3)
Es geht also nicht nur um das Kennen und die rationale Auslegung des Gesetzestextes, sondern um das Herz, um das Mitgefühl.
Jage die Gerechtigkeit - zweimal!
Warum diese Doppelung?
Dazu gibt Rabbi Simcha Bunem von Przysucha eine sehr interessante Antwort. Gerechtigkeit allein reicht nicht aus, sagt er, denn es gibt viele Arten von Gerechtigkeit, so wie es viele Arten von Wahrheit gibt. Jedes Regime hat seine eigene Gerechtigkeit. Die Torah betont daher: „Gerechtigkeit, Gerechtigkeit sollst du anstreben“, nämlich das Mussarⓘמוּסָר
die Ethik der Gerechtigkeit, bei der sowohl die Mittel als auch das Ziel gerecht sind.
Sowohl das Ziel muss gerecht sein, als auch der Weg, wie es erreicht wird. Das erinnert an das berühmte Urteil von König Salomon , wo zwei Frauen behaupten, Mutter eines Kindes zu sein. Die Lösung, die König Salomon vorschlägt (ohne dass er vorhat, sie auszuführen) - das Kind zwei zu teilen, und jeder Frau eine Hälfte zu geben - klingt anscheinend gerecht: Jede Frau bekommt eine Hälfte. Aber der Weg ist alles andere als gerecht - ein unschuldiges Kind wird zweigeteilt (was es wohl nicht überlebt). Daher kann es, darf es keine ungerechten Wege geben, auch wenn das Ziel anscheinend gerecht ist.
In anderen Worten muss auch die Gerechtigkeit - gerecht sein!
Gerechtigkeit vs. Barmherzigkeit
Warum sollen wir dawka ⓘדַּוְקָא
insbesondere der Gerechtigkeit nachjagen, und nicht anderen hohen Werten, wie beispielsweise Chessedⓘחֶסֶד
Barmherzigkeit?
Dazu heißt es in Mischlej ⓘמִשְלֵי
Die Sprüche
Das Buch der Sprüche
Die Sprüche Salomos
Eine Nation muss auf Gerechtigkeit gegründet sein, nicht auf Wohltätigkeit. Warum? Wohltätigkeit kann die Grenzen zwischen dem, was einem (rechtmäßig) gehört, und dem, was einem nicht (rechtmäßig) gehört, verwischen:
So wird ein Bettler, der sich aktiv weigert, Arbeit zu suchen, dies - wenn er ehrlich ist - nicht als gerecht befinden - aber ihm Geld zu geben, ist trotzdem Chessed (auch wenn ein anderer Bettler, der beispielsweise physisch nicht in der Lage ist, zu arbeiten, möglicherweise um die Chessed gebracht wird).
Auch der, der Chessed gibt, handelt nicht unbedingt gerecht - leider gab und gibt es nicht wenige Fälle von Betrügern und Gesetzesbrechern, die auf unehrliche Weise Geld verdienen - aber dann versuchen, bei HaSchem und bei den Mitmenschen “Pluspunkte zu sammeln”, indem sie großzügig für wohltätige Zwecke spenden.
Daher heißt es nicht Chessed, Chessed - tirdof, sondern Zedek, Zedek - tirdof!