T’zaweh - Jom Kippur im Februar?
In den Wochenabschnitt T’zaweh lesen wir:
- Kaparah1כַּפָּרָה
Sühne anscheinend ohne Bezug über Jom Kippur2יוֹם כִּפּוּר . - Warum wird Mosche Rabbeinus Name nicht erwähnt?
- Was hat es mit „Urim we-Tummim“3אוּרִים ותֻּמִּים auf sich, die in unserer Paraschah4פָּרָשָׁה
Wochenabschnitt vorkommen, aber auch das Motto der amerikanischen Elite-Universität Yale ist?
Jom Kippur im Februar?
Warum wird Jom Kippur in unserem Wochenabschnitt erwähnt, der ansonsten gar nichts mit Jom Kippur zu tun hat?
Dazu die folgende Geschichte wird über die chassidische Gemeinde im polnischen Kotzk [polnisch Kock], zu dem Zeitpunkt, als der Kotzker Rebbe dort amtierte:
“Ein Gast besuchte die Kehillah4קְהִילָּה
Gemeinde für ein paar Monate, um die Weisheit der Kotzker Chassidim aufzusaugen. Er war schockiert - an Pessach5פֶּסַח sagte man ihm, “komm, lasst uns Abend essen” (statt: “lasst uns den Seder-Abend begehen”), und am Jom Kippur: “kommt, lass uns das Abendgebet beten” (statt: “lasst uns das Kol Nidrei6כָּל נִדְרֵי Gebet beten”)
Da nahm ihm ein Chassid7חָסִיד
Anhänger zur Seite, und sagte: “Ich verstehe, dass du aufgebracht bist, weil es dir scheint, als ob wir die hohen Feiertage wie ganz normale Wochentage behandeln. Aber das Gegenteil ist der Fall: Wir behandeln jedes Abendessen wie einen Pessach-Seder, und jedes Abendgebet, als ob es Kol Nidrei wäre.”
Der Lubawitscher Rebbe sagte dazu 1992 in einer Rede: “Wir können etwas Außergewöhnliches von diesem Passuk8פָּסוּק
Satz lernen:
Man kommt in eine Routine, und betet emotionslos, wie aus Gewohnheit. Und nur an Hohen Feiertagen sind wir voller Kawanah9פכַּוָּנָה
wörtlich: Absicht,
in diesem Fall
„emotionale Hingabe“ und Dwekus10דְּבֵקוּת
D’wekut,
wörtlich: Adhärenz –
hier „Hingabe“ - falsch! Genau umgekehrt soll es sein!
Das erinnert mich an einen Ausspruch, den man einigen Rabbinern zugeordnet hat: “Es ist wichtig, zwischen Rosch HaSchana und Jom Kippur besonders auf seine Midot11מִדּוֹת
Eigenschaften zu achten. Aber es ist nicht weniger wichtig, zwischen Jom Kippur und Rosch HaSchana das zu tun!”
Vermisstenanzeige: Mosche Rabbeinu
T’zaweh ist der einzige Wochenabschnitt seit der Geburt von Mosche Rabbeinu, wo sein Name nicht erwähnt wird. Warum?
Unsere Weisen sagen (siehe), dass Mosche Rabbenu damit um Vergebung für die Sünde des Goldenen Kalbs bat: "Falls DU ihnen nicht vergibst, streiche meinen Namen von der Bibel." HaSchem verzieh Am Israel, aber um sich an diesen selbstlosen Akt von Mosche Rabbenu zu erinnern, kommt er in einer Parascha - T’zaweh- nicht vor.
Der Lubawitscher Rebbe hat eine andere Erklärung (Lightpoints, adapted from Likkutei Sichot vol. 26, pp 204-206.): Ein Name, sagt er, ist nur ein Aspekt unseres Wesens - wenn wir uns zu sehr an den Namen festhalten, dann verlieren wir die ganze Person.
Und so kommt - ähnlich wie HaSchem in der Megillat Ester12מְגִלַּת אֶסְתֵּר
Buch Ester - Mosche Rabbenu im Wochenabschnitt zwar nicht vor, aber zwischen den Zeilen ist eigentlich die ganze Parascha über ihn.
Urim we-Tummim: Von den Hohepriestern zu Yale
Urim und Tummim sind Los- und Orakelsteine des Hohenpriesters13הַכֹּהֵן הַגָּדוֹל
HaCohen HaGadol. Im Hebräischen bedeuten die Worte ‚Lichter und Vollkommenheiten‘. Andere Übersetzungen sind: ‚die Lichtenden und die Schlichtenden‘ (Buber/Rosenzweig), ‚Licht und Recht‘ (Luther) oder ‚Licht und Wahrheit‘ (Graetz).
Die Urim und Tummim diensten dazu, dass die Hohepriester Probleme entscheiden konnten, sowie, dass Fragen an HaSchem eine Antwort mit ihrer Hilfe erhielten.
Urim kommt von Or, [אוֹר] Licht - aber was hat es mit Tummim תֻּמִּים auf sich? Heutzutage sagt man Tamim [תָּמִים], das bedeutet naiv. Es kann aber auch als unverdorben (von den schlechten Einflüssen der Welt) verstanden werden, und so ist es nicht überraschend, dass das Jeschiwah [יְשִׁיבָה] -Netzwerk von Chabad Lubawitch Tomchei T‘mimim [תְּמִימִים תּוֹמְכֵי] heißt.
Aber auch die nichtjüdische Welt hat sich von “Urim weTummim” inspieren lassen, wie das Logo der Yale-Universität (dass sich in letzter Zeit nicht sehr judenfreundlich gezeigt hat), zeigt.
Dazu gibt es einen wunderschönen Sketch , wo sich ein (leider nicht existierendes) Büro der Bewahrung der Jüdischen Kultur darüber beschwert, dass zwar Hummus und Falafel nicht mehr als “israelisch” bezeichnet werden dürfen, weil das kulturelle Aneignung sei, aber die Universität in ihrem Logo sich etwas sehr jüdisches aneignet, nämlich Urim we-Tummim.