Parschat Mikez - Schabbat Chanukkah
Der Wochenabschnitt Mikez fällt in den meisten Jahren auf Schabbat Chanukkah [שֲׁבָּת חֲנוּכָּה] – so auch dieses Jahr (5785 / 2024). Die Geschichte von Josef und die Erzählung hinter dem Chanukkah-Fest haben einige bemerkenswerte Gemeinsamkeiten:
- Licht in der Dunkelheit: Wie Chanukkah Licht in die dunkelste Zeit des Jahres bringt, so bringt Josefs Aufstieg Hoffnung und Rettung während der Hungersnot.
- Wundersame Rettung: Beide Geschichten betonen eine wundersame Errettung – Josef, der Ägypten und seine Familie vor dem Hungertod bewahrt, und die Makkabäer, die das Judentum aus der Unterdrückung retten.
- Göttliche Fügung: Beide Erzählungen heben die Bedeutung göttlicher Vorsehung sowie die Werte von Glauben und Ausdauer hervor.
Die Themen des Wochenabschnitts Mikez klingen schmerzlich aktuell:
- Wie können Brüder mit einer langen Geschichte des Misstrauens und der Gewalt Frieden schließen?
- Wie handelt ein Opfer, das plötzlich Macht erlangt?
- Wie viel darf für das eigene Überleben riskiert oder aufgegeben werden?
- Können Menschen, die in getrennten Welten leben und sich entfremdet haben, wieder zueinanderfinden?
Gegen alle Erwartungen – und mit Gottes Hilfe – kommt es zu einem guten Ende
In Mikez erleben wir den nächsten Abschnitt der Josef-Geschichte: Josef wird aus dem Gefängnis geholt, um Pharaos Traum zu deuten. Er sagt sieben Jahre des Überflusses gefolgt von sieben Jahren des Hungers voraus. Dank seiner klugen Ratschläge wird er zum „Aw L’Phar‘aoh“ [אָב לֽפַרְעֹה – Pharaos Berater. Wörtlich: Vater Pharaos], einem hochrangigen Verwalter, der Ägyptens Vorräte organisiert. Die Prophezeiung erfüllt sich, und eines Tages treten Josefs Brüder vor ihn, ohne ihn zu erkennen, und bitten um Nahrung.
Was wird Josef tun?
Man könnte sich vorstellen, dass er im Gefängnis von Rache geträumt hat. Doch von seinem Thron aus handelt er überlegt. Er testet seine Brüder, indem er verlangt, Benjamin, seinen leiblichen Bruder, zu ihm zu bringen. Trotz Jakobs Widerstand – er möchte den letzten Sohn Rachels nicht verlieren – zwingt die Hungersnot ihn, nachzugeben. Benjamin reist mit den Brüdern zurück nach Ägypten, wo Josef einen weiteren Test inszeniert: Er lässt Benjamin eines Diebstahls beschuldigen. Der Wochenabschnitt endet mit dem Protest der Brüder, die ihre Unschuld beteuern.
Die Verbindung zwischen Mikez und Chanukkah liegt in der Überwindung von scheinbar unüberwindbaren Hürden. Dass Josefs Brüder ihn je wiedersehen würden, war höchst unwahrscheinlich. Doch nicht nur sehen sie ihn wieder, sondern er rettet und beschützt die gesamte Familie. Damit sichert Josef das Überleben des Volkes, das ansonsten durch die Hungersnot ausgelöscht worden wäre.
Josef selbst erkennt dies und sagt später (Spoiler-Alarm: im nächsten Wochenabschnitt):
Auch der Sieg der Makkabäer war alles andere als wahrscheinlich. Die seleukidische (syrisch-griechische) Armee war mächtig und gut ausgerüstet. Ihr Sieg wird als Wunder betrachtet. Doch es war auch ein Kampf zwischen Brüdern – zwischen traditionellen und hellenisierten Juden. Das erinnert uns daran, wie destruktiv interne Konflikte sein können.
Die Weisen des Talmuds entschieden sich bewusst, den militärischen Aspekt von Chanukkah nicht zu betonen. Stattdessen rücken sie das Wunder in den Mittelpunkt – das Licht, das mit Gottes Hilfe die Dunkelheit vertreibt.
In einer Welt, die von Intoleranz geprägt ist, ist dies ein zeitloser Appell: Wir dürfen nicht zulassen, dass uns religiöse oder ideologische Unterschiede voneinander trennen.
Der Wochenabschnitt Mikez lehrt uns, alte Feindschaften loszulassen, zu vergeben und einander zu verstehen.
Möge dieses Chanukkah-Fest uns ein Licht der Erkenntnis, des Friedens und der Gerechtigkeit bringen.