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Der Wochenabschnitt
וַיִּשְׁלַח‎
WaJischlach

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


WaJischlach Ja‘akov Mal‘achimמַלְאָךְ – Mal’ach,
Bote/Engel.
Plural: מַלְאָכִים - Mal’achim
l‘fanaw (Jakob schickte Engel vor sich)

Drei wahre Geschichten von Juden, die vor antisemitischen Regimen gerettet worden sind, die alle mit diesem Wochenabschnitt in Verbindung stehen.

 

 

1. Rettung (vom Zar): Die Wichtigkeit von Kleinigkeiten

”וַיִּוָּתֵ֥ר יַעֲקֹ֖ב לְבַדּ֑וֹ וַיֵּאָבֵ֥ק אִישׁ֙ עִמּ֔וֹ עַ֖ד עֲל֥וֹת הַשָּֽׁחַר׃“

(בראשית ל“ב כ“ה)

„Als nun Ja‘akow allein zurückblieb, da rang ein Mann mit ihm, bis zum Aufgang der Morgenröte.“

(B’reschit, Genesis, 1. Buch Moses 32:25)

Diese Stelle ist kurz vor dem Kampf Jakobs gegen den Engel, der ihm einen neuen Namen und eine neue Identität bringen wird: Israel wird er heißen, und sein Volk - das Volk Israel.

Raschi sagt zu diesem Satz, und zum „alleine zurückbleiben“: שָׁכַח פַּכִּים קְטַנִּים וְחָזַר עֲלֵיהֶם – Ja‘akob ließ kleine Krüge zurück und kehrte zurück, um sie zu holen.

Was ist so besonders an diesen kleinen Krügen?

Der Chafez Chaim erzählt in diesem Zusammenhang die folgende Geschichte, wo es um die große Wirkung einer kleinen Tat geht, die zunächst unbedeutend zu erscheinen mag:

Zar Nikolai wurde von seinem eigenen Volk wegen seiner Grausamkeit gehasst. Ein Gouverneur begann eine Revolution, um sein Regime zu stürzen. Eines Tages sah der Gouverneur, dass er verfolgt wurde, und flüchtete in ein nahe gelegenes Dorf mit seinen Verfolgern im Nacken. Nachdem verschiedene Dorfbewohner ihn nicht aufnehmen wollten, fand der Gouverneur Unterschlupf im Hause eines weisen Juden, der ihm folgendes sagte: „Zieh deine Uniform aus und zieh meine Kleidung an. Ich werde dir einen Tallit geben. Stell dich in eine Ecke und tu so, als würdest du beten.“ Gesagt, getan. Als die Soldaten kamen, ahnten sie nicht, dass der Mann, der mit dem Tallit betete, der Gouverneur war, und verließen das Haus.
Der Gouverneur sagte zum Juden: „Du hast mir das Leben gerettet. Ich werde es dir vergelten.“
Der Gouverneur stürzte den Zaren und wurde der neue russische Präsident. Er vergaß den Juden, der ihm geholfen hatte, nicht und lud ihn in einem Brief in den Palast ein, wo er ihm seine persönliche Karte gab, und sagte: „Wenn Sie etwas von mir brauchen, kommen Sie einfach in meinen Palast, zeigen Sie Ihre Karte vor, und man wird sie hineinlassen.“
Der Präsident fügte hinzu: „Als Sie mich retteten, dachten Sie, Sie hätten eine Person gerettet, aber Sie retteten ein ganzes Land vor dem tyrannischen Zaren.“

Das ist die Geschichte, wie sie der Chafez Chaim wiedergegeben hat. Nachdem der Chafez Chaim niftarנִפְטַר
verstorben
war, gab es noch einen Epilog (erzählt von Rabbiner Jakob Galinsky sz”l):

18 Jeschiwebocherim [Jeschiwebocher - Ein junger Mann, der in einer Jeschiwah studiert] der Novardoker Jeschiwah waren verhaftet worden. Der Jude, der die Karte des Präsidenten erhalten hatte, wurde vom Rosch Ha Jeschiwah kontaktiert, ging zum Palast des Präsidenten und plädierte für die Freilassung der Bocherim, was auch geschah.

Rabbiner Jakob Galinsky sagte dazu: „Der weise Jude dachte zuerst, er hätte eine Person gerettet, aber der Gouverneur zeigte ihm, dass er ganz Russland gerettet hatte. Ich aber füge hinzu: Er hat auch 18 Jeschiwebocherim gerettet. Einer dieser 18 war der Steipler.“

 

 

2. Rettung (vor Stalin): das andere Lager

”וַיֹּ֕אמֶר אִם־יָב֥וֹא עֵשָׂ֛ו אֶל־הַמַּחֲנֶ֥ה הָאַחַ֖ת וְהִכָּ֑הוּ וְהָיָ֛ה הַמַּחֲנֶ֥ה הַנִּשְׁאָ֖ר לִפְלֵיטָֽה׃“

(בראשית ל"ב ט')

„und sprach: Wenn Esaw über das eine Lager kommt und schlägt es, so bleibt dem übrig gebliebenen Lager Entrinnen.“

(B’reschit, Genesis, 1. Buch Moses 32:9)

Während des Zweiten Weltkriegs floh der Modzitzer Rebbe (Rabbiner Jedidjah Taub) aus Polen nach Wilna, das damals unter Stalins Regime stand, mit dem Plan, von dort aus Europa zu verlassen. In Wilna angekommen, beschloss er, sich an die Regierungsbeamten zu wenden, um ein Ausreisevisum für Amerika zu erhalten.

Als er im Regierungsbüro ankam und Ausreisevisa für sich und seine Familie beantragte, sahen ihn die Bürokraten herablassend an und fragten: „Warum wollen Sie unser Mutterland mit seiner rechtschaffenen Herrschaft und seinem korrekten Lebensstil verlassen?“ Der Modzitzer Rebbe ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und antwortete: „Genau aus diesem Grund möchte ich gehen, damit ich die kommunistische Ideologie weltweit verbreiten kann!“ Die Beamten überreichten ihm daraufhin pflichtbewusst die notwendigen Dokumente, damit seine Familie Wilna verlassen konnte.

Als sie in Amerika ankamen, wollten Journalisten vom Modzitzer Rebbe etwas über die Sowjetunion erfahren. Der Modzitzer Rebbe erzählte, dass der Kommunismus dafür sorgt, dass es den Juden an nichts fehlt. Natürlich erreichten die Berichte Stalin, der sehr erfreut war und daraufhin befahl, dass die Juden von Wilna gut behandelt werden sollten. Die Sowjets stellten auch vielen prominenten Rabbinern Ausreisevisa aus, damit sie das gute Wort „verbreiten“ konnten.

Später sagte der Chason Isch, dass die heutige Torah-Welt dank der Genialität des Modzitzer Rebbe und der Flucht vieler Wilnaer Juden gedeihe.

In anderen Worten hat der Modzitzer Rebbe die Einteilung in Lager, die in diesem Passuk פָּסוּק
Vers
erwähnt wird, so gut verstanden, dass er damit viele Juden retten konnte.

 

 

Rettung (vor Hitler): WaJischlach

”וַיִּשְׁלַ֨ח יַעֲקֹ֤ב מַלְאָכִים֙ לְפָנָ֔יו אֶל־עֵשָׂ֖ו אָחִ֑יו אַ֥רְצָה שֵׂעִ֖יר שְׂדֵ֥ה אֱדֽוֹם׃“

(בראשית ל"ב ד')

„Und Ja’akow sandte Boten/Engel vor sich her an Esaw, seinen Bruder, in das Land Se’ir, das Gefilde Edom. “

(B’reschit, Genesis, 1. Buch Moses 32:4)

Raschi sagt, dass Jakob מַלְאָכִים מַמָּשׁ – buchstäbliche Engel – zu Esaw schickte.

In der Nacht vor der Flucht des Belser Rebben Ahron bat ihm ein Chassid um eine Brachahבְּרָכָה
Segen
für seine zwei kleinen Kinder: „Jeder versucht, dem Krieg zu entkommen, aber ich habe zwei kleine Kinder, wohin können wir fliehen?“ Rabbi Aharon gab ihn seinen Kittel [(Jiddisch: קיטל]) ist ein weißes Seiden- Leinen- oder Baumwollgewand] sowie zwei Münzen für die Kinder. Der Chassid und seine Kinder überlebten die Shoah wie durch ein Wunder und kamen gegen Ende des Krieges in Bergen-Belsen an, wo sie von den Briten befreit wurden.

Bei der ersten Gelegenheit reiste er nach Erez Israel אֶרֶץ יִשְׂרָאֵל
Das Land Israel
, um Reb Aharon von Belz zu besuchen. Er betrat zusammen mit seinem Sohn die Kammer des Rebben und überreichte dem Rebbe ein Stück Seidenstoff, da der Kittel während der Kriegsreisen zerfetzt worden war. Reb Aharon nahm den Stoff und sagte: „Jeder Jude, der dem Krieg entkam, wurde von zwei Mal‘achim (Engeln) begleitet – מַלְאָכִים מַמָּשׁ!“

 
 

 

שַׁבַּת שָׁלוֹם וּמְבֹרָךְ
Schabbat Schalom Um’worach
Einen Friedvollen und gesegneten Sabbat

Benjamin Rosendahl

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12. Kisslew 5785, 13. Dezember 2024

 

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