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Der 9. Aw

Der 9. Aw

Tischah B'Aw, Ejchah [אֵיכָ֥ה – Buch der Klagelieder] und Parschat D’warim [דְּבָרִים]

Ein Possuk [Satz] der Parschas Devorim (1,13) lautet:

”אֵיכָ֥ה אֶשָּׂ֖א לְבַדִּ֑י טׇרְחֲכֶ֥ם וּמַֽשַּׂאֲכֶ֖ם וְרִֽיבְכֶֽם׃“

(דברים א' י"ג)

„Wie soll ich allein die Mühe und Last die ihr mir macht und eure Streitigkeiten ertragen.”

(D'warim, Deuteronomy, 5.Buch Mose 1, 13)

sagt Moische Rabeinu zu Klall Jisroel

Reb Moische Feinstein zt’’l , einer der größten und wichtigsten Führer der jüdischen Gemeinde in Amerika in den Nachkriegsjahren, bringt den folgenden Midrasch [מִדְרָשׁ = Auslegung] : Drei Nevi’im [נְבִיאִים] – drei Propheten sprachen zu den Jiden mit dem Ausdruck איכה:

  1. Moische Rabeinu
  2. Jeschajo [יְשַׁעְיָהוּ = Jesaja auch Isaias]
  3. und
  4. Jirmijo [יִרְמְיָהוּ = Jeremia auch Jeremias].

Moische sah die Jiden in ihrer Glorreichsten Epoche, zur Zeit der Wüste, mit dem Mischkan [מִשְׁכַּן = Stiftshütte], dem Mon [מָן = Manna] und der Haschra’as Hasch’china [הַשְׁרָאַת הַשְׁכִינָה] – der Präsenz G’ttes ständig mit ihnen. Und hatte sie mit den folgenden Wörtern zurechtgewiesen איכה אשא לבדי.

Jeschajo Hanovi- der Prophet Jeschaja sah die Jiden בפַּחְזוּתָם, zur Zeit als sie gesinnt hatten, kurz vor der Zerstörung des Ersten Tempels und warnte sie ihre schlechte Taten zu ändern, und zu dem Weg der Torah zurückzukehren und sagte:

”אֵיכָה֙ הָיְתָ֣ה לְזוֹנָ֔ה קִרְיָ֖ה נֶאֱמָנָ֑ה... “

(ספר ישעיהו א' כ"א)

„Ach, wie ist zur Buhlerin geworden die einst bewährte Stadt...”

(Jeschajahu – Das Buch Jesaja 1, 21)

Jirmijo Hanovi – der Prophet Jirmija sah die Jiden בנַוְלוּתָם in ihrer Verdorbenheit, nach der Zerstörung des Beis Hamikdosch und unterwegs ins Galus [גָּלוּת] – unterwegs ins Exil und sagte:

”אֵיכָ֣ה׀ יָשְׁבָ֣ה בָדָ֗ד הָעִיר֙ רַבָּ֣תִי ...“

(ספר איכה א' א')

„Wie einsam sitzt die einst so volkreiche Stadt;”

(Ejchah – Klagelieder 1,1)

Wir sehen von diesem Midrasch, schreibt Harav Feinstein, das schon Moische Rabeinu von dem Churban HaBais [חֻרְבָּן הַבַּיְת] – der Zerstörung des Tempels wusste. Den er beweinte es schon, mit demselben Ausdruck wie es Jeschaja und Jirmije Hanovie taten – Eicho - איכה אשא לבדי. Und er warnte die Jiden davor G’tt und die Torah nicht zu verlassen. Wann? Als die Jiden noch mit Glatz und Glamour standen und jede Mitzwe [מִצְוָה = Gebot] der Torah hielten.

Wie kann das sein? Woher wusste Moische das die Jiden Aveires [עֲבֵרוֹת = Verstöße, Sünden] tun werden und in mehr wie 800 Jahren das Beis Hamikdosch [בֵּית־הַמִּקְדָּשׁ = der Tempel] zerstört werden muss? Da ja zur seiner Zeit die Jiden in der Wüste noch alle Mitzwes hielten, und weit und breit kein Zeichen von diesen sündhaften Taten waren?

Die Antwort darauf ist, dass Moische zwar nicht die Aveires selber sah, doch sah er schon die Middes [מִדּוֹת] – den schlechten Charakter den die Jiden schon hatten, der später zu den Aveires und den Götzen brachte. Denn der Ausgangspunkt von eine solch korrupte Haltung wie es zur Zeit des Churban war, sind schlechte Charakter, schlechte Middes.

Raschi auf den Possuk bringt wie Moische die Jiden über ihre קְשִׁי עֹרֶף - ihre Hartnäckigkeit zurecht wies. Denn jedes Mal als das Beis Din [בֵּית דִּין] – das Halchische Gericht zugunsten eine Seite gerichtet hatte, hatte die zweite Seite gleich einen Einspruch eingereicht und neue Zeugen gesucht und zum Gericht gebracht. Als Moische zu früh ins Beis Hamedresch kam sagten die Leute über ihn dies, und als er etwas später kam sagten die Leute etwas anderes. Immer wieder versuchten sie ihre eigene Meinung zu verteidigen, und nicht die andere zu akzeptieren. Sei es was der der Dajan [דַּיָּן] - Richter gesagt, was der Navi gewarnt, oder Moische sie zurecht gewiesen hatte.

Ich hab einmal eine Geschichte gehört, wie viel davon wahr ist bin ich mir nicht sicher, aber gut ist sie.

Es war ein Jüdischer Masseur, einer der als Beruf Massagen gibt, in Südafrika, der Alija getan hatte. Bevor er nach Israel gezogen ist haben ihm seine Kollegen eine Abschiedsfeier gemacht. Einer seinen Kollegen fragten ihn, was er in Israel tun wird. Darauf antwortete er dass er versuchen wird dort seinem Beruf weiter gehen wird, und ein Massagestudio versuchen wird zu öffnen. ‘Aha‘ antwortete der Kollege, ‘dort wirst du sicher sehr erfolgreich sein. Denn es steht ja in der Bibel, dass die Leute von Israel עַם קְשֵׁה עֹרֶף einen steifen Hals haben und Hartnäckige Leute sind, und sicher hier und da eine gute Massage brauchen könnten.’

Zurück zu unseren Midrasch. Nun wissen wir das Moische die zukünftige Freveltaten schon vorhergesehen hatte. Und darum Moische Rabeinu uns mit איכה gewarnt hatte, denn er wollte das wir uns bessern und unsere Hartnäckigkeit ablernen. Auch Jeschaje Hanovi wollte uns vor dem Churban beschützen und warnte uns mit איכה, unsere Sturheit zu verbessern. Doch warum hatte Jirmija Hanavi, nach dem Churban seine Nevua mit der Megilas Eicha zu uns, mit den Ausdruck איכה gesprochen. Es war schon zu spät.

Moische hatte es versucht uns zu warnen, dass wir uns bessern sollen, aber wir hörten nicht auf ihn. Jeschaje hatte es versucht, aber wir gingen weiter mit unseren Aveires. Und jetzt kommt Jirmijo? Jetzt ist es schon zu spät. Das Beis Hamikdosch war schon weg. Was will Jirmijo noch von uns?

Darauf sagt haRav Moische Feinstein, dass dies die Botschaft von unserem Midresch ist. Moische Rabeinu, Jeschaja Hanavi und Jirmijo Hanovi benutzten den Ausdruck איכה.

  1. Moische Rabeinu benutzte das Wort איכה damit sich die Jiden bessern und so das Beis Hamikdosch zu retten und nicht zerstört werden muss.
  2. Jeschaja benutzte das Wort איכה damit sich die Jiden bessern um das Beis Hamikdosch zu retten.
  3. und
  4. Auch Jirmijo benutzte das Wort איכה, zwar nicht um das Beis Hamikdosch zu retten, denn dafür war es schon zu spät, doch um das Beis Hamikdosch zurück zu bringen.
    Den was Jirmijo uns sagen wollte ist, sowie es eure schlechte Middes – euer schlechter Hartnäckiger Charakter war, der das Beis Hamikosch zerstört hatte, so sind es auch eure Middes die das Beis Hamikdosch wieder zurück bringen wird. Darum ruft uns Jirmijo unterwegs in das Exil, das wir dort wenigstens auf unsere Hartnäckigkeit arbeiten sollen, und so wieder nach Erez Jisroel und das Beis Hamikdosch zurückkommen können.

Doch wie können wir unsere Hartnäckigkeit verbessern?

Wir könnten einmal in der Woche zu einer Massage gehen. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, dass dies das Beis Hamikdosch zurück bringen wird. Und dass Ihre Krankenkasse diese Massage decken wird, glaub ich auch nicht.

Was ich persönlich vorschlagen kann, ist etwas kleines das uns ein kleines bisschen in die richtige Richtung bringt. Wir können versuchen für die nächsten zwei Wochen, eine kleine Sache einmal am Tag nachgeben.

Wir werden ja ständig jeden Tag auf etwas zurechtgewiesen. Es mag sein das Sie von jemand auf der Strasse an gehupt werden, in der Arbeit ihnen jemanden etwas gesagt hat, oder zuhause Ihnen etwas nicht passt. Irgendetwas. Auch wenn wir vielleicht Recht haben, sollen wir versuchen unsere Hartnäckigkeit einmal am Tag nachgeben. Der anderen Person einfach antworten mit: Du hast Recht.

So können wir uns vielleicht langsam, Schritt für Schritt verbessern und bald Be’H zurück ins Beis Hamikdosch und zu Bias Hamischiach בִּמְהֵרָה בְּיָמֵינוּ ..

Jehuda Korolnik

 
 

 

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5. Aw 5783, 23. Juli 2023,

 
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