Der Monat Elul
Der Monat Elulⓘאֱלוּל ist ein Monat der spirituellen Vorbereitung auf die hohen Feiertage Rosch Haschanahⓘרֹאשׁ הַשָּׁנָה und Jom Kippurⓘיוֹם כִּפּוּר. Dabei versuchen wir, Umkehrⓘתְּשׁוּבָה
T‘schuwah zu leisten und unsere Taten zu verbessern.
HaMelech BaSadeh
Was uns dabei hilft, ist die Vorstellung des "HaMelech BaSadeh"ⓘהַמֶּלֶךְ בַּשָּׂדֶה
Der König ist auf dem Feld. Dieses Bild kommt aus den Lehren der chassidischen Bewegung, insbesondere von Rabbi Schneur Salman von Liadi, dem Gründer der Chabad-Bewegung.
Normalerweise wird Gott wie ein König gesehen, der in einem Palast lebt, den man nicht so leicht erreichen kann. Aber im Monat Elul, so sagt Rabbi Schneur Salman, kommt der König, also Gott, symbolisch "auf das Feld". Das bedeutet, dass Gott in dieser Zeit für alle Menschen viel einfacher zugänglich ist. Jeder kann direkt zu ihm kommen, ohne besondere Vorbereitungen.
Diese Vorstellung soll den Menschen zeigen, dass der Monat Elul eine besondere Zeit ist, in der Gott uns nahe ist und wir uns durch Gebet und Umkehr auf die hohen Feiertage vorbereiten können. Es ist eine Zeit, in der Gott uns auf besondere Weise entgegenkommt und bereit ist, uns zu hören und uns zu vergeben.
Die Phasen der Umkehr
Der RambaM (Maimonides) erklärt die Phasen der Umkehrⓘתְּשׁוּבָה
T‘schuwah in einer klaren Abfolge von Schritten:
- Aufhören mit der Sünde ⓘעֲזִיבַת הַחֵטְא
Asiwat HaChett: Der erste Schritt ist, sofort mit der schlechten Handlung aufzuhören. Man muss sich entscheiden, die Sünde nicht mehr zu begehen. - Reue ⓘחֲרָטָה
Charattah: Danach soll man tiefes Bedauern über das empfinden, was man falsch gemacht hat. Man muss ehrlich bereuen, dass man gesündigt hat. - Bekenntnis ⓘוִידּוּי
Widduj: Ein wichtiger Teil der Umkehr ist, die Sünde vor Gott laut auszusprechen. Das heißt, man sollte in einem Gebet die Sünde benennen und um Vergebung bitten. - Vorsatz für die Zukunft ⓘקַבָּלָה לְעָתִיד
Kabbalah L’Atid: Der nächste Schritt ist, fest zu beschließen, die Sünde in Zukunft nicht wieder zu tun. Dieser Entschluss muss ernst gemeint sein. - Wiedergutmachung ⓘתִּיקּוּן
Tiqqun: Wenn man durch seine Sünde anderen geschadet hat, sollte man versuchen, das wieder gutzumachen, indem man den Schaden repariert oder um Verzeihung bittet.
Der RambaM betont, dass wahre Umkehr nicht nur bedeutet, vergangene Fehler zu bereuen, sondern auch, sein Verhalten für die Zukunft zu ändern. Ein Zeichen dafür, dass die Umkehr wirklich vollständig ist, zeigt sich, wenn man in eine ähnliche Situation gerät und die Möglichkeit hat, denselben Fehler zu wiederholen, es aber aus Überzeugung nicht tut, weil man wirklich bereut und sich bewusst entschieden hat, anders zu handeln.
Slichot Gebete
Eine wichtige jüdische Tradition während dieser Zeit ist das Rezitieren der Slichotⓘסְלִיחָה = Slichah
Vergebung,
plural: סְלִיחוֹת
Slichot-Gebete. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Sepharden und Aschkenasen, vor allem in der Zeit, wann und wie lange diese Gebete gesprochen werden, sowie in der Art, wie sie gestaltet sind:
- In der sephardischen Tradition beginnen die Slichot-Gebete schon am Anfang des Monats Elul, also etwa 40 Tage vor Jom Kippur. Diese Zeitspanne entspricht der Zeit, die Moses auf dem Berg Sinai verbracht hat, um die zweiten Gesetzestafeln zu erhalten. Diese Zeit wird genutzt, um sich auf die Feiertage vorzubereiten, und die Gebete werden jeden Morgen bis einschließlich Jom Kippur gesprochen.
- Aschkenasen fangen dagegen später mit den Slichot an, normalerweise am Samstagabend vor Rosch Haschanah. Wenn Rosch Haschanah früh in der Woche ist, beginnen sie eine Woche früher. Bei den Aschkenasen dauert diese Phase der Slichot also nur ein paar Tage, mindestens jedoch vier Tage.
Die Art der Gebete unterscheidet sich ebenfalls:
- Bei den Sepharden sind die Slichot-Gebete oft länger, melodischer und poetischer. Es wird viel gesungen, und die Gebete haben eine besondere Reihenfolge, die sich auf die Barmherzigkeit Gottes konzentriert.
- Bei den Aschkenasen sind die Slichot-Gebete kürzer und eher schlicht. Sie sind mehr auf das direkte Bitten um Vergebung und das Ausdrücken von Reue ausgerichtet, ohne so viele poetische Elemente.
Trotz dieser Unterschiede geht es beiden Traditionen darum, sich innerlich auf die hohen Feiertage vorzubereiten und Gott um Vergebung zu bitten.
Shmuel Goldfein
Rosch Chodesch Elul 5784
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30. Aw 5784, 04. September 2024,