Frag den Rabbi:
Allgemeine Halacha

Fragen an den Rabbi: Allgemeine Halacha

Sie fragen, wir antworten

Unsere Rabbiner beantworten Ihre Fragen zum Thema "Allgemeine Halacha".

Die Halacha ist das jüdische Religionsgesetz. Sie umfasst 613 Mitzwot (religiöse Gebote), davon 365 Verbote (wie Tage des Jahres) und 248 Gebote (wie Knochen im menschlichen Körper). Die Halacha leitet sich von der Bibel, dem Talmud und späteren Quellen ab. Codifiziert wurde sie für sefardische Juden mit dem Schulchan Aruch (von Rabbi Yosef Karo) und für die aschkenazische Juden von den Werken des Ram"a (Rabbi Mosche Isserles, manchmal auch Remu genannt). Weitere wichtige Quellen sind die Mischne Tora von Ramba"M (Rabbi Mosche ben Maimon oder Maimonides) sowie Halachot Rav Alfas (von Rabbi Jitzchak Alfasi oder Ri"f). Aber auch in modernen Zeiten gibt es sehr viele Fragen zu Halachot (religiösen Regeln) für Situationen, die es zu früheren Zeiten nicht gab. Daher kommen regelmäßig ShuT (Sheelot u-Teschuwot, also Fragen und Antworten) wichtiger Rabbiner vor, zuletzt zum Thema Corona und Halacha.

Mündliche Überlieferungen über das jüdische Gesetz wurden von Generation zu Generation weitergegeben, und schließlich wurde klar, dass sie einer Organisation bedurften. Die Arbeit des Sammelns von Meinungen und Interpretationen wurde von Rabbi Akiba im 1.-2. Jahrhundert n.d.Z. begonnen und von seinen Schülern wie Rabbi Meïr weitergeführt. Anfang des 3. Jahrhunderts war diese neue Zusammenstellung, die Mischna, vollständig und wurde von Juda ha-Nasi in ihrer endgültigen Form arrangiert. Obwohl die Mischna die bis dahin umfassendste Sammlung jüdischer Gesetze enthielt, war sie nicht dazu gedacht, Streitigkeiten mit widersprüchlichen Auslegungen zu klären. Fast sofort jedoch begannen jüdische Gelehrte in Palästina und Babylonien umfangreiche Interpretationen der Mischna auszuarbeiten, die Gemara genannt wurden. Als die Arbeiten mehrere Jahrhunderte später abgeschlossen waren, wurden die Mischna und die Gemara zusammengenommen Talmud genannt.

Jahrhunderte später stellten gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen neue Auslegungsprobleme und erforderten eine neue Rechtsanwendung. Dies führte zu neuen Zusammenstellungen der Halacha von so herausragenden Gelehrten wie Moses Maimonides (RambaM) im 12. Jahrhundert, Jacob ben Asher im 12. und 13. Jahrhundert und Joseph Karo im 16. Jahrhundert.

Obwohl das Judentum eine kontinuierliche Entwicklung der Halacha anerkennt, wird das Gesetz immer als eine Erklärung oder Erweiterung des ursprünglichen Gesetzes auf dem Berg Sinai angesehen. Interpretationen und Diskussionen von Gesetzen, die sich direkt auf Texte der hebräischen Bibel (Altes Testament) beziehen, werden als Midrasch Halachah bezeichnet.


Fragen und Antworten

Thema: Halacha

Lieber Rabbi,

Ich habe Neugier, aus welchem Holz die Azeji Chajim, die Griffe, die Holzstäbe der Torah gefertigt werden. Da in der Geschichte des Volkes Israel, geschrieben im Tanach, an wichtigen Stellen oft von Zedernholz die Rede ist, gehe ich bislang stark davon aus, dass es Zedernholz wäre.
Weder in der deutschsprachigen noch der englischsprachigen Wikipedia konnte ich geringste Informationen dazu finden, oder ob ein bestimmtes Holz dafür vorgesehen ist.
Deshalb möchte ich mich vertrauensvoll an Euch wenden, ob Ihr mir darüber genaueres sagen könntet.
Des Weiteren frage ich mich, in welcher Weise die Torah an den Chayim befestigt wird. Wird das Papier einfach über die Stange gelegt und dann aufgerollt, oder befindet sich in der Stange ein Spalt, in welchem der Rand des Papiers eingeklemmt wird, damit es nicht abrutscht, und dann aufgerollt?

Mit freundlichsten Grüßen
Shalom ve'or u'Vracha,
Friede Licht und Segen wünschend,
Matthias Brosius


Sehr geehrter Herr Brosius,

Die Azeji Chajim [עֲצֵי־חַיִּים] müssen nicht aus Zedernholz sein, sie können auch aus anderen Materialien sein. Der Grundsatz ist, dass es ein festes und starkes Material ist, das die Torah lange Jahre und Tage trägt.

Hier ein Bild zu dem, was gemeint ist

Hier ein Bild zu dem, was gemeint ist

Die Verbindung zum Torahtext (Pergament und nicht Papier) wird mit Hilfe von Giddim [tierischen Sehnen - גִּידִים] gemacht, das bedeutet, dass die J’ri‘ot [Pergamentblätter - יְרִיעוֹת], so wie sie auch aneinander genäht werden, mit Giddim an die Azeji Chajim genäht werden.

Kol Tuw [כָּל טוּב - Alles Gute],

Rabbiner Or Chaim Taub
Gemeinderabbiner von Nehora, Ramat Gan.

Link zu einem Video, das zeigt, wie das Pergament am Holz befestigt wird.

 

 
Nächste Frage

Eine Schwägerin von mir (meine Frau hat eine grosse Familie) ist letzte Woche nifter. Auf der Schiwe sagte mir meine Frau, dass sie nicht weiss, ob sie unsere Tochter und Familie (Mann mit Kindern) besuchen darf, da man 30 Tage lang keine Besuche in anderen Häusern machen soll - dies würde den Ruach der Trauer auf andere Häuser übertragen.
Dazu ein paar Fragen:

  1. Ist das eine Halacha oder ein Minhag? Was sind die Quellen?
  2. Ist das die gängige Meinung oder gibt es eine Machlojket und wer Hausbesuche während der Zeit macht, "yesh al mi lismoch" (hat rabbinische Grundlage)
  3. und am wichtigsten: betrifft diese Halacha / dieser Minhag auch direkte Familie (Kinder und Enkel in diesem Fall)?

Vielen Dank für die Antwort,
Kol Tuv,
J. Rubin (Los Angeles, derzeit in Israel für die oben erwähnte Schiwe)


Sehr geehrter Herr Rubin,

Zur Sicherheit habe ich auch mit einem sefardischem Rabbiner gesprochen und wir beide haben noch nie von einem solchen Verbot gehört.

Aber den Ruach der Trauer sollte man tatsächlich nicht auf andere Häuser übertragen. Weshalb soll mein Umfeld leiden, weil mir persönlich etwas über den Weg gelaufen ist? (Ich möchte keinesfalls den Schmerz beim Hinschied eines Geliebten ל"ע 1לֹא עָלֵינוּ
Möge es uns nicht passieren
in Frage stellen! Hier sprechen wir nur davon, ob auch das Umfeld trauern soll.)

Ein bisschen genauer: vom Standpunkt des trocknen Gesetzes aus, besteht kein Besuch-Verbot. Nun erlaube ich mir an dieser Stelle, mit Ihnen das heikle Thema der Ethik zu betreten.

Fangen wir mit etwas positivem an. Am Morgen bedanken wir uns unter anderem dafür, dass wir Menschen gerade stehen können = זוֹקֵף כְּפוּפִים [Sokef K'fufim] . Erstens freuen wir uns und bedanken uns dafür, dass wir physisch geradestehen können und keine Rückenschmerzen haben. Zusätzlich bedanken wir uns auch, dass wir spirituell aufrecht stehen, dass unsere Augen den Himmel sehen und nicht wie Tiere den Boden und dass wir einen Willen, eine Seele haben, nicht lediglich Instinkten folgen, eigene Entscheidungen treffen, sich das Gan Eden verdienen können und Gottes Gebote erfüllen.

Auch beim Hinschied eines Verwandten ל"ע trauern wir doppelt. Erstens den persönlichen Schmerz beim Fehlen eines guten Freundes. Aber auch wenn man den Bruder nie gekannt hat oder ח"ו 2חַס וְחָלִילָה
G-tt bewahre
mit ihm verstritten war, muss man sich an alle halachischen Vorschriften der Trauer halten! Denn bei jedem Hinschied jedes Jiden ist ein Loch in Gottes Mannschaft entstanden. Jeder ist ein Werk Gottes!

Nun endet die Schiwe, einige Beschränkungen ziehen weiter bis zum Ende der 30 Tage, bei den Eltern bis zum Ende des Trauerjahres. Darf man in diesen 30 Tagen weiter mit zerrissenen Kleidern am Boden sitzen?
Die klare Antwort ist ein definitives Nein!
Dies wäre eine Message, dass der liebe Gott nicht absolut `der Gute` ist, eigentlich ist er die Güte selbst!

Ein Freund von mir ist in seinen besten Jahren hingeschieden und hat viele junge Waisen hinterlassen. Der Anblick der kleinen Kinder, die da Schiwe sassen, war herzzerreissend. Es war für mich persönlich eine Herausforderung, den Schmerz, dem jedermann auch ohne Vorschrift sofort aufkommt, mit dem Wissen zu vereinen, dass alles eigentlich zum Guten ist. Ja, wenn es zum Guten ist, dann besteht ja kein Grund zum Mitleid mit den Waisen? Und die Antwort ist, dass ER trotzdem verlangt, den Schmerz der Trauernden mitzufühlen. Zum Beispiel sich vor die Augen zu führen, welchen schrecklichen Schmerz der kleine Waise bei jeder banalen Sache verspüren wird, zum Beispiel wenn sein Lehrer den Elternabend ansagt. Oder wie die Witwe in der Nacht aufwacht, auf das leere Bett zu ihrer Seite blickt und anfängt zu weinen.

Zurück zum Verwandtenbesuch. Ist die Schiwe vorbei und man besucht einen Freund, so ist es unsere Aufgabe בְּסֵבֶר פָּנִים יָפוֹת, [B'Ssewer Panim Jafot] freundlich und fröhlich mit ihm zu sprechen. Hiermit beweisen wir unseren festen Glauben, dass wir auch im Unglück das Vertrauen in Gottes Güte nicht vergessen!

Andererseits, wird man zu einem gemütlichen Abend mit Hintergrundmusik eingeladen, so muss man absagen, auch bei der Trauer auf einen unbekannten/ungeliebten Verwandten.

Tönen meine Zeilen zu extrem?
Sind Sie mit meiner Antwort nicht einverstanden?
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre Ansicht mitteilen!

Nur auf Simches,

Moische Bollag

 
Nächste Frage

Sehr geehrter Herr Rabbiner,

Was ist der Unterschied zwischen dem zehnten Tewet und dem neunten Aw?


Sehr geehrter Herr Teschendorff,

Der Unterschied zwischen dem zehnten Tewet und dem neunten Aw ist, dass G-tt wirklich bereits am zehnten Tewet Jerusalem zerstören wollte, uns aber die Güte erwies uns nicht im Winter ausziehen zu lassen, und stattdessen bis zum neunten Aw wartete.
(Midrasch Tanchuma, Tasria, Kapitel 9.)

Alles Gute,

Rabbiner Daniel Schiffer

 
Nächste Frage

Kürzlich las ich, dass ein Rabbiner einen religiösen Juden von der Alyiah (Einwanderung nach Israel) abriet, weil die Gefahr bestehe, dass er weniger religiös werden könne.

Andererseits las ich aber, dass das Leben in Israel eine Mitzwah in sich selbst sei. Dann sollte ein Jude doch auf keinen Fall davon abgehalten werden!

Was ist die gängige Meinung der Rabbiner und worauf berufen sie sich?


Sehr geehrter Herr Segal,

Leider schreiben Sie keine Einzelheiten des religiösen Juden, dem von einer Alijah abgeraten wurde. Es stimmt, dass die Gefahr besteht, dass Einwanderer, oder sogar Besucher, die die Gebote halten von Säkularismus und Irreligiosität im Heiligen Land dazu verleitet werden können, weniger Gebote zu hüten, oder G-tt behüte, ganz vom rechten Pfade abzuwandern. Jeder Fall ist aber individuell zu betrachten und es spielen viele Gesichtspunkte eine Rolle. Gibt es aber zum Beispiel Jemanden, der einen starken Maschpia (einen Rabbi der ihn in seinem spirituellen Dienst an G-tt berät) hat, selber stark in Emmuna (Glaube) ist und die Chassidische Lehre weiß (ein mystischer Teil der Torah), und plant nach Jerusalem in eine Jeschiwa zu gehen, so ist es eher unwahrscheinlich, dass ein solcher Jude vom rechten Wege abwandern wird

Laut Raw Moshe Feinstein, der größten halachischen Autorität Nordamerikas im 20. Jahrhundert, gibt es keine Mizwa (Gebot) im Lande Israel zu leben. Die Logik ist laut ihm, dass gäbe es eine solches Gebot, so wäre es verboten in anderen Ländern zu leben. Alle chareidischen Autoritäten (welches so gut wie Alle sind) teilen diese Meinung einstimmig. Wenn uns der liebe G-tt den Moschiach (den rechtschaffenden Erlöser) schickt und dieser die königliche Dynastie König Davids wiederherstellen wird und den dritten und endgültigen Tempel baut, dann wird er im letzten Zuge die Exile einsammeln (siehe Rambam, Mischne Torah, Hilchot Melachim UMilchamoteihem, Kapitel 11, Halacha 1), d.h. alle Juden die außerhalb des Heiligen Landes leben in das Land Israel bringen, und es wird dann jeder Jude verpflichtet sein, seinem Rufe zu folgen

Nun gibt es heutzutage solche, die auch als religiöse Zionisten und Nationalisten bezeichnet werden, die behaupten, die Erlösung hätte bereits am 5. Ijar des Jahres 5708, im Mai 1948 mit der Eroberung des Landes Israel begonnen (genannt „As‘chalta DiGeula“, אתחלתא דגאולה). Sie stützen sich auf den Jerusalemer Talmud in dem die Erlösung als „Kima Kima KeAjeles Haschachar“, קימה קימה כאילת השחר, langsam steigt der Morgen auf, beschrieben wird, d.h. eine langsame, schrittweise Erlösung. Sie behaupten, es läge an uns, die Geula zu bringen, indem wir für das Land Israel kämpfen, es besiedeln, und wenn das jüdische Volk dann in das Lande Israel umgewandert ist, würde der Moschiach kommen.

Eine solche und jede andere Auslegung gegen den Rambam (Rabbi Mosche Maimonides) ist gegen die Torah, weil er ein Posek ist (Autorität für jüdische Gesetzesentscheidungen) und seiner Entscheidung zitiert oben keiner der Kommentatoren widerspricht, und das bedeutet, dass alle Autoritäten jüdischen Gesetzes ihm zustimmen.

Es gibt auch keine Machloket (Meinungsverschiedenheit), bezüglich des Ablaufes der Erlösung. Dieser ist: Wenn ein König des Hauses David hervorsteigt, der ein großer Gelehrter ist und alle Gesetze der mündlichen und schriftlichen Torah einhält und das gesamte Volk Israel dazu bringt in den Wegen der Torah zu gehen, und Missstände in der Beachtung der Gebote berichtigen wird, und die Kriege Haschems führen wird, dann und nur dann können wir ihn als den Maschiach (Erlöser) betrachten. Wenn er dann dabei Erfolg hat, den Tempel auf dem Tempelberg in Jerusalem baut, und die Juden ins Land Israel bringt, ist er definitiv der Maschiach (Rambam, ebd., Kap. 11, Hal. 4). Er wird die Welt verbessern, und unter seiner Führung werden alle Nationen der Welt G-tt zusammen dienen (wie der Prophet Tzefania 3:9 beschreibt, siehe Rambam ebd).

Wir sehen hier also eine bestimmte Reihenfolge, und Dinge die erfüllt werden müssen. Eine schrittweise Geula (Kima Kima usw.) ist nicht Halacha (jüdisches Gesetz), und ebenfalls hat die Geula noch nicht begonnen. Es wird in der mündlichen Torah erwähnt, ist jedoch nicht die endgültige Halacha. Die endgültige Halacha ist die des Rambam, laut allen Gedolei Jisrael (großen jüdischen Gelehrten), wie erwähnt. Die Geula wird plötzlich kommen, so wie jetzt noch doppelte und dreifache Dunkelheit ist, wird es sofort das Licht der Erlösung geben, ohne Prozedur und Unterbrechung.

Auch der Lubawitscher Rebbe hat sich sehr vehement jeder anderen Auslegung entgegengestellt, und oft betont, dass es keine As’chalta DiGeula (Anfang der Erlösung) gibt. Denn der Anfang ist auch das Ende, und jemand der behauptet, dass wir uns bereits in der Erlösung befinden, wenn Millionen von Juden nicht einmal die grundlegenden Gebote halten und Israel sich vor Terror fürchten muss, hat offensichtlich nicht verstanden, was geschieht. Der Lubawitscher Rebbe bringt den Fall von einem Stamm im Volke Israel zur Zeit des Exils in Ägypten, der selber entschieden hatte, dass die Zeit für die Erlösung gekommen sei und auf eigene Entscheidung, ohne die Weisen Israels des gesamten Volkes Israels zu konsultieren, aus Ägypten auswanderte. Nur kurze Zeit, nachdem sie Ägypten verlassen hatten, wurden sie von den Philistern niedergeschlagen. Ihre Knochen blieben unbegraben am Rande des Weges.

Die religiösen Zionisten halten, dass alle Juden jetzt bereits im Lande Israel leben müssen, es bauen und dafür kämpfen müssen. Sie nehmen die Konzepte von As’chalta Digeula und Kima Kima Keayelet HaSchachar, die nicht Halacha sind, und interpretieren sie nicht korrekt. „Maasse Tachtonim“, das wir etwas tun müssen, interpretieren sie auf einer nationalistischen Ebene. Sie sagen, dass sie es sind die das Volk Israel aus dem Galut führen werden. Wir warten auf den Maschiach, das Haschem ihn uns geben wird, und sie sagen, „Nein, dieser Mosche, der uns aus dem Exil führen wird, sind wir“. „Wir haben eine Botschaft vom Himmel“, und „jetzt ist die Zeit“, das eine oder andere ist geschehen, und wir werden jetzt den Tempel bauen, jüdisches Gesetz im Staate Israel implementieren, und Haschem wird die Schechina (göttliche Präsenz) herunterbringen.

Wenn wir von Maasse Tachtonim reden, bedeutet das Mizwot Maassiot, Mizwot zu tun mit physischen Gegenständen. Doch, wie erwähnt, nehmen sie es in einem nationalistischen Wege, alle Juden nach Israel bringen, Regierungen aufstellen, etc, doch dies ist ein Schritt zu weit. König David konnte es damals tuen, weil er einen Propheten hatte, Schmuel HaNavi hatte es ihm verheißen.

Die Geula wird durch einen König des Hauses Davids kommen, nicht durch eine Kwuzah (eine Gruppe von Individuen). Wir müssen uns klarmachen, dass wir uns noch im tiefsten Exil befinden, und der Weg der uns herausführt, die Gebote und gute Taten sind. Es wird dann einen Juden geben, der wie oben erwähnt, viel Torah lernt und ein Tzaddik (Gerechter) ist, ein potentieller Kandidat, und wenn die Zeit kommen wird, wird sich Haschem ihm offenbaren, so wie Mosche Rabbeinu. Dies alles wird nicht geschehen, wenn es eine Kwuzah entscheidet, sondern wenn G-tt es für richtig hält.

Alles Gute,

Rabbiner Daniel Schiffer

 
Nächste Frage

Bekannterweise bekommt ein Jude die Religion von der Mutter und die Tradition (Minhag) vom Vater.

Wie ist es aber bei einem Ger (Konvertit), dessen Vater Jude ist. Muss er nach seinem Giur (Übertritt) die Tradition seines Vaters halten? Und wie verhält es sich bei einem Giur LeChumra (also bei einer Person, wo man davon ausgeht, dass er jüdisch ist, aber nicht sicher ist und er deswegen, um sicherzugehen, einen Giur macht)?

Muss der Ger den Minhag der Kehilla halten, von der man ausgeht, dass er ihr schon vor dem Giur zugehört? Oder kann er aus freien Willen einen Minhag waehlen?


Schalom Herr Schwarz,

Jemand der zum Judentum übertritt, und bereits vor dem Übertritt Halachot (Gesetze) und Minhagim (Bräuche) gehalten hat, muss diese nicht aufgeben.

Wenn diese Halachot und Minhagim nicht das gesamte Spektrum jüdischer Praxis abgedeckt hatten, was höchstwahrscheinlich der Fall sein wird, so kann er zusätzlich zu denen die er bereits gehalten hat, diejenigen der Gemeinde oder Gruppe (Chassidisch, Litwisch, Sefardisch usw.) zu der er dann gehört, hinzunehmen.

Er kann aber nicht Aschkenasische, d.h. Gruppen mit Ursprung in Deutschland, oder Osteuropa und Russland mit denen Spanischer Juden mischen.

Hat er z.B. einige Minhagim und Halachot vom Vater übernommen, und sich entschieden ein Chassid der Gruppe Belz zu werden, und entscheidet sich später, ein Chassid der Gruppe Vishnitz zu werden, so ist dies gestattet, aber es ist nicht empfohlen dies zu oft zu tun, um Fehler zu vermeiden.

Alles Gute,

Rabbiner Daniel Schiffer

 
Nächste Frage

Letzte Woche besuchten wir bei einer Negev-Wanderung die Grabstätte von David Ben Gurion.

Es ist üblich, sich beim Verlassen eines Friedhofs die Hände zu waschen. Es gilt jedoch, dass man sich beim Besuch von Kivrei Zaddikim (Gräber der Gerechten) außerhalb eines Friedhofs nicht die Hände wäscht. Ben Gurion war vielleicht ein hervorragender Mann, aber er war definitiv kein Zaddik.

Trotzdem, sein Grab liegt auf einem offenen Plaza ohne Zaun.

Soll/muss man sich nach einem Besuch die Hände waschen?


Vielen Dank für Ihre Frage. Die Antwort lautet: Ja, definitiv, Sie sollten auch bei einem alleinstehenden Grab wie dem von David Ben Gurion nach Ihrem Besuch die Hände waschen. Es ist korrekt, dass wie Sie schreiben, sich beim Besuch von Kiwrei Zaddikim außerhalb eines Friedhofes man sich nicht die Hände wäscht, doch das Richtige, ist sich auch dort die Hände zu waschen. Ob er ein Zaddik, oder ein Rascha (Sünder) war, spielt keine Rolle.

Dies ist im Übrigen ein hochinteressantes Thema: Wie ist es möglich, dass man sich die Hände waschen muss, wenn sie nicht schmutzig geworden sind? Jemand der eine Toilette betritt, ohne sie zu benutzen, muss sich danach die Hände waschen. Sogar wenn man nur mit der Hand hineinreicht. Wie ist dies zu erklären? Nichts Sichtbares haftet and den Händen! Unsere Chachamim erklären, dass an Orten wie Toiletten und Grabstätten ein Ruach Ra (unreiner Geist) waltet, und das Wasser ihn entfernt. So muss man sich auch nach dem morgendlichen Aufwachen gleich die Hände mit einem Kübel Wasser waschen (genannt Nägelwasser). Bei Nacht haftet ein Ruach Tum’a, ein unreiner Geist auf dem Körper, weil die Seele in der Nacht den Körper verlässt. Der Ruach Tum’a verschwindet beim Aufwachen vom ganzen Körper, nur eine unsichtbare Spur verbleibt an den Nägeln (siehe Kizur Schulchan Aruch, Siman 2, Halacha 1).

Schauen Sie sich des Weiteren das Beispiel von General Naaman von Aram an, der an einer Hautkrankheit litt. Der Prophet Elischa riet ihm sich sieben Mal im Flusse Jordan zu waschen, wonach die Krankheit verschwand. Naaman wollte zuerst nicht glauben, und sagte „Ich habe auch hier in Damaskus einen Fluss .. 7 mal waschen, was ist das für eine seltsame Sache?!“ (siehe Könige 2:4; Haftara Paraschat Tasria).

Aber von dem Obigen sehen wir, dass es eine Realität gibt, die wir nicht sehen können. Haschem, ein übernatürliches Wesen, erschafft diese Realität, die wir nicht verstehen können. Tum’a (Unreinheit) und Tahara (Reinheit) übersteigen den menschlichen Verstand, und wir müssen zugeben, das gewisse Dinge über dem Bereich liegen, den wir mit unserem kleinen, begrenzten Verstand verstehen können. In Wahrheit können wir die Essenz der Torah und Gebote nicht verstehen. Doch wenn wir diese übernatürliche Realität, die verkörpert wird durch die Torah und ihre Gebote, auf uns akzeptieren, werden wir geheilt.

Alles Gute,

Rabbiner Daniel Schiffer

 
Nächste Frage

Sehr geehrter Herr Rabbiner.

Der Sohn meines Nachbarn in der Synagoge hatte, als er in der Armee war, eine törrische Idee (nichnas bo ruach schtut) und er ließ sich eine Tätowierung auf seinem Arm machen. Jetzt schämt er sich mit dem Tattoo und will es mit einer Laserbehandlung entfernen. Auch sein Vater ist dafür.

Ich bin mir aber nicht so sicher – meiner Meinung nach ist nämlich das Ausbrennen des Original-Tattoos mit einem Laserstrahl genauso verboten wie das Verbrennen der Haut und es verstößt gegen Levitikus 19:28. „Ihr sollt kein Mal um eines Toten willen an eurem Leibe reißen noch Buchstaben an euch ätzen; denn ich bin der HERR.“

Darf er sich das Tatto also entfernen lassen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.


Sehr geehrter Herr Buxbaum,

In Antwort auf Ihre Frage, ob der Sohn ihres Nachbarn sich eine Tätowierung entfernen lassen kann und ob dies nicht gegen das von ihnen zitierte Verbot in Leviticus (Vajikra) 19:28 verstöße, ist die Antwort: Ja, er kann es sich durch eine Laserbehandlung entfernen lassen.

Er sollte sich aber, bevor er sich dazu entscheidet zu seinem Vorteil bewusst sein, dass er mit der Tätowierung, so wie sie ist, kein Verbot überschreitet. Denn es besteht lediglich ein Verbot, eine Tätowierung (Ketowet Ka'aka) auf seinen Körper zu machen, oder dabei zu assistieren (Schulchan Aruch Yore Dea 180); Eine Tätowierung mit sich zu tragen ist nicht verboten.

Hat eine mögliche Entfernung ästhetische Gründe, so sind zwei Punkte zu beachten:

  1. Selbst nach einer Laserbehandlung wird es Spuren geben,
  2.     und
  3. Eine Laserbehandlung muss von dem größten Experten durchgeführt werden, da sie großes Expertise verlangt.

Die Torah verbietet permanente Markierungen am Körper, da dies die Praxis von Götzendienern war, die damit ihre Unterwürfigkeit zu einem bestimmten Götzen manifestiert hatten (siehe Sefer Hachinuch). Doch wie gesagt, sobald man sie gemacht hat, was verboten war, wird es gänzlich gestattet sie zu tragen.

Alles Gute,

Rabbiner Daniel Schiffer

 
Nächste Frage

Kurze Frage, etwas, das mir Rosch HaSchana aufgefallen ist:

Beim 2. Tag sagte der Rabbiner vor dem Schofarblasen "Schechejanu" - das sagt man doch eigentlich nur, wenn man etwas zum 1. Mal macht?


Schalom Herr Goldberg,

Ihre Frage, in der sie fragen, warum der Baal Tokea (Schofarbläser) den Segensspruch Schehechijanu (in dem wir G-tt dafür danken, dass er uns Leben gegeben, uns am Leben erhalten und uns dieses Ereignis hat miterleben lassen) auch am zweiten Tag von Rosch Haschana aufgesagt hat, obwohl er ihn bereits am ersten Tag aufgesagt hat, lässt sich auf andere Teile von Rosch Haschana erweitern.

Es ist eine Meinungsverschiedenheit unter den halachischen (Gesetz) Autoritäten ob neben dem Schofarblasen auch bei Kiddusch in der zweiten Nacht, oder beim Lichterzünden, der Segensspruch Schehechijanu gesagt werden soll. Denn manche Autoritäten halten, dass dadurch dass die zwei Tage von Rosch Haschana wie ein langer Tag sind, es nicht notwendig ist nochmals Schehechijanu aufzusagen. Daher ist es der Brauch am zweiten Abend bei Kiddusch eine neue Frucht auf den Tisch zu legen, so dass der Segensspruch sich auch auf die Frucht bezieht (dasselbe geht auch mit einem neuen Kleidungsstück). Die endgültige Halacha ist aber, dass wir auch in der zweiten Nacht Schehechijanu sagen. Dasselbe gilt auch für Lichterzünden und Schofarblasen am zweiten Tag. Beim Lichterzünden soll man auch eine neue Frucht auf den Tisch legen, oder eine neues Kleidungstück tragen, und ebenfalls beim Schofarblasen, wenn möglich sollte der Baal Tokea ein neues Kleidungstück tragen (außer der erste Tag von Rosch Haschana ist Schabbat an dem man kein Schofar bläst, dann wird am ersten Wochentag Schofargeblasen und zum ersten Mal Schehechijanu gesagt.) (Kizur Schulchan Aruch, Siman 129, Halacha 23).

Schana Towa Umetuka,

Rabbiner Daniel Schiffer

 
Nächste Frage

Darf man Tehillim für Refua Schlema auch nachts sagen? Oder muss es am Tag sein?

Bitte Antwort mit Quellen belegen.

Koltuv,

BR.


Lieber Herr BR,

Man darf Tehilim für Heilung auch Nachts sagen. Der Kav HaChaim (kabbalistisches Werk) sagt im Namen vom Arisal (der zusammen mit dem Sohar die größte kabbalistische Autorität ist), daß man am Anfang der Nacht nicht Tehilim sagen soll, da es einen ungünstigen Effekt haben könnte. Sonnenuntergang bis halachisch Mitternacht werden dominiert von Gewura (Strenge).

Die Halacha selbst verbietet es aber nicht, und deswegen taucht das Thema auch nicht in der Mischna Berura zum Beispiel auf (und es gibt daher keine Quelle). Die Argumentation ist, dass die Torah Schebichtav, die schriftliche Torah jederzeit studiert werden darf. Die weitverbreiteste und schlussendliche Halacha nach der man sich in chassidischen und sefardischen Kreisen führt ist jedoch, dass wir nachts keine Tehiliim sagen, für eine Heilung dies jedoch gestattet ist. Kurzum, es richtet sich danach zu welcher Gruppe sie gehören -- Chassidisch oder nicht-Chassidisch.

Alles Gute,

Rabbiner Daniel Schiffer

 

Die Fragen können mit vollen Namen oder anonym gestellt werden. Sie werden auf der Webseite veröffentlicht, außer der Fragesteller ist dagegen. Wir halten uns das Recht vor, Fragen, die unangemessen sind (nichts mit Judentum zu tun haben, Missionsversuche, Fragen zu Themen, die religiöse Gefühle verletzen usw.) nicht zu beantworten und zu veröffentlichen.

Zu Rabbiner Daniel Schiffer:

Rabbiner Daniel Schiffer lebt mit seiner Frau und Kindern in Jerusalem. Er hat dort in mehreren Jeschiwot gelernt und hat seine Smicha in Kollel Tzemach Tzedek in der Altstadt erhalten. Hier ein Link zum Kollel.

Rabbiner Daniel Schiffer ist der Autor der wöchentlichen Torah-Rundschreiben "Parascha LeMaisse" (in Hebräisch) und "Der Wochenabschnitt" (in Deutsch), die auch auf dieser Website erscheinen.

transparent to purple gradient