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Kaschrut

Fragen an den Rabbi: Kaschrut

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Unsere Rabbiner beantworten Ihre Fragen zum Thema "Kaschrut".

Das hebräische Wort Kaschrut (von dem sich "koscher" ableitet) heisst „rituelle Eignung“ und steht für die jüdischen Speisegesetze. Dabei geht es um Tiere und Pflanzen zum Verzehr, um Landwirtschaft (Regeln bei Anbau von landwirtschaftlichen Gütern), um Schlachtung von Tieren (Sch'chita), aber auch um Lager, Vertrieb und um Verzehr. "Koscher" kann aber auch in weiteren Sinne für rechtgemäß benutzt werden (z.B. koscherer Übertritt zum Judentum u.ä.).

Die meisten Vorschriften bezüglich Kaschruth finden sich in den 5 Büchern Mose. Kurz und allgemein dürfen Juden, die Kaschrut halten, nur solche Fische essen, die sowohl Flossen als auch Schuppen haben (d. h. keine Schalentiere), bestimmte Vögel und Säugetiere, die wiederkäuen und gespaltene Füße haben. Diese Säugetiere und Vögel müssen nach einem Ritual geschlachtet werden, das bei Verletzung das Fleisch „unbrauchbar“ macht.

Essen, das aus irgendeinem Grund rituell ungeeignet ist, wird als „verboten“ (t'refah) bezeichnet, das Gegenteil von koscher („angemessen“). Da Tierblut nicht gegessen werden darf, muss das Fleisch einem rituellen Prozess des Einweichens und „Einsalzens“ (melicḥa) unterzogen werden, um jegliches Blut zu entfernen, das nach der rituellen Schlachtung (Sch'chita) im Fleisch verbleiben könnte.

Sowohl beim Essen als auch bei der Zubereitung ist eine strikte Trennung von Fleisch und Milchprodukten vorgeschrieben. Diese Einschränkung verbietet nicht nur den Verzehr dieser beiden Arten von Lebensmitteln zur gleichen Mahlzeit, sondern erfordert auch, dass während der Zubereitungszeit für Fleisch und Milchprodukte unterschiedliche Geschirr-, Besteck- und Tischwäsche verwendet werden. Einige Lebensmittel sind „neutral“ (par've oder stammi) und können frei mit Fleisch oder Milch gegessen werden. Für die Verwendung von Gemüse und Obst gelten keine Einschränkungen. Was den koscheren Wein betrifft, so gibt es sehr spezifische Regelungen, die Wein allgemein koscher oder "kascher le-Pessach" macht (spezifisch koscher für Pessach). Für das Pessachfest gibt es eine sehr spezifische Kaschrut, die vor allem ungesäuertes Brot (Chametz) verbietet.


Fragen und Antworten

Thema: Kaschrut

Kwod HaRav,

Meine Tochter hat sich erfolgreich gegen eine (potentiell lebensgefährliche) Erdnussallergie behandeln lassen. Der Allergie-Arzt empfahl ihr nach der Behandlung, jeden Tag ein paar Erdnüsse zu essen, damit die Allergie nicht zurückkehrt. (Das ist, wie gesagt, eine Empfehlung, es kann nicht 100% wissenschaftlich nachgewiesen werden, ob die Allergie zurückkehrt, und wie regelmäßig Erdnüsse gegessen werden müssen, und welche Menge, damit sie nicht zurückkehrt).

Nun sind wir Aschkenazim, und Erdnüsse sind Kitnijot.

Hier also meine Frage:

Kann ich ihr an Pessach Erdnüsse geben? Gilt das als Pikuach Nefesch? Gilt hier evtl. die "ke-Zajt"-Regel von Jom Kippur?

Vielen Dank,

Benjamin Rosendahl
Tel-Aviv



Shalom Uwracha,

Es gibt hier einige Prinzipien, die mit der Frage verbunden sind.

Erstens, im Allgemeinen sind Kitniotקִטְנִיּוֹת
Hülsenfrüchte
nicht Chamezחָמֵץ
gesäuerter Teig
, sondern es handelt sich um eine G'serahגְּזֵרָה
Schutzzaun um die Verbote,
wörtlich: Dekret
, die Aschkenazim auf sich genommen haben, an Pessach nicht zu essen.

Im Falle einer Krankheit oder bei einem starken Bedürfnis sind wir daher nachsichtigמְקִלִּים
M‘kilim
. Zum Beispiel sind wir Säuglingen, die an Pessach einen Milchersatz mit Kitniot essen müssen, sogar im Vorhineinלְהַתְּחִילָה
L‘chatchilah
nachsichtig. Zwar bemühen wir uns, die Gefäße von allen anderen Gefäßen des Hauses zu trennen, aber wir sind schon nachsichtig. Das gleiche gilt für jedes Bedürfnis, dem ein medizinisches Bedürfnis zugrunde liegt, dass wir nachsichtig sind.

Hier, in unserem Fall, stellt sich nun wirklich die Frage, ob das Bedürfnis vollkommen medizinisch ist - ob das wirklich so ist oder nicht.

Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt nachsichtig zu sein, und zwar gibt es innerhalb der G‘serah, was als Kitniot gilt und was nicht, eine Meinungsverschiedenheitמַחֲלוֹקֶת
Machloket
, ob Erdnüsse als Kitniot gelten oder nicht. Viele der halachischen Autoritäten sind der Meinung, dass Erdnüsse nicht Kitniot sind, deshalb kann man Erdnüsse an Pessach essen. Es ist wahr, dass es auch eine strengere Meinung gibt, aber sicherlich kann sich derjenige der nachsichtig sein will, auf eine der Meinungen stützen, die es erlauben.

Daher, in der Kombination der beiden Aspekte, nämlich zum einen, dass hier irgendein medizinisches Element besteht, und dass es sich zum zweiten nicht um eine klassische Kitnitקִיטְנִית
Hülsenfrucht
handelt, glaube ich, dass man hier nachsichtig sein kann.

Kol Tuw [כָּל טוּב - Alles Gute],

Rabbiner Or Chaim Taub
Gemeinderabbiner von Nehora, Ramat Gan.

 
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Shalom Quod Ha-Rav

Können Sie mir sagen, ob der Muntjak ein koscheres Tier ist?

Dieses Tier hat Anzeichen von Koscherität und frisst außerdem Eier und Fleisch.

Fedor Shir


Intervention der Moadim-Redaktion: Muntjak ist eine ursprünglich aus Asien stammende Hirschart. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Muntjaks


Schalom Herr Shir,

Sofern Koscher geschlachtet, sollte er Koscher sein. Sie geben an, dass der Muntjak auf gespaltene Klauen tritt und Wiederkäuer ist. Dies genügt. [Wajikro 11,3 ויקרא יא ג]  Zusätzlich hat der Muntjak im Oberkiefer keine Schneidezähne, was ein weiteres Zeichen ist, dass das Tier Koscher ist. [Schulchan Aruch Jore De'a 79 1 יורה דעה עט א] (Jedoch aufgepasst: das unkoschere junge Kamel hat ebenfalls keine Schneidezähne im Oberkiefer.)

Der Verzehr von Eiern und Fleisch ist kein Problem bei Vierbeinern.

Eventuell gibt es Rabbiner, die aus dem Gebiet von Polen, den Baltischen Staaten und dem europäischen Russland stammen, welche den Verzehr von neu entdeckten Tieren für Jiden, nicht empfehlen.

Denn wie gesagt, sind die Koscher-Zeichen von Vierfüssern eigentlich klar erkennbar. Schwierig wird es beim Geflügel. Da gibt die Tora über zwanzig verbotene Vogelarten an. Wir kennen heute nicht alle diese Arten und müssen bei jeder neu entdeckten Art befürchten, dass es sich um eine der verbotenen Arten handelt. Deshalb essen wir lediglich diese Zweibeiner, bei denen wir wissen, bei denen die Überlieferung besteht, dass unsere Väter sie gegessen haben.

Bei Vierfüssern ist diese Überlieferung eigentlich überflüssig und so entschieden sich auch praktisch alle Rabbiner. Lediglich HaRav Abraham Danzig, [ Link auf Hebräisch - Link auf Englisch ] einer der Rabbiner von Wilna vor über 200 Jahren, verlangte auch bei Vierfüssern eine Überlieferung. So empfiehl HaRav Josef Schalom Eljaschiv, dass die Jiden, welche aus dem Einflussgebiet von HaRav Danzig stammen, keine neu-entdeckten Tiere essen sollten.

Schabbat Schalom,
Ihr
Moische Bollag

 
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Sehr geehrter Rabbi Schiffer,

Ich bin zurzeit in Bnei Brak. Letzten Freitag kaufte mir eine parve Kugel in einem fleischigen Laden. Sie war in einer Aluminiumform und mit Plastik verpackt. Nur Kugel nichts anderes.

Am Schabbatmorgen wollte ich sie zum (milchigen) Kaffee trinken, hatte aber Besorgnis, dass sich die fleischige Kaschrut auch auf die Kugel bezog.

Einerseits wurde die Kugel wohl in der fleischigen Küche (möglicherweise fleischigen Gefäßen) gekocht, andererseits hat sie keine fleischigen Zutaten. Und falls doch etwas etwas Fleischiges dort hineingefallen ist, ist eventuell Batel beSchischim.

Was sagt die Halacha?

David Pommeranz


Schalom Herr Pommeranz,

Man muss sich darin üben, eine strikte Trennung zwischen fleischigen und milchigen Esswaren zu praktizieren.

Hier ist die Annahme, dass wenn etwas in einer fleischigen Küche zubereitet wurde, aber selbst nicht fleischig ist, es den Status von einem Essen hat, das in einem fleischigen Gefäß gekocht wurde.
Wenn etwas in einem fleischigen Gefäß zubereitet wurde, es aber kein Fleisch ist, ist es eine Chumra (Strenge) und ein Hidur (Verschönerung des Gebotes) zwischen dem Verzehr eines Fleisch- und Milchproduktes einen Schluck Wasser zu trinken oder einen Biss von einem Getreideprodukt zu nehmen, um eine Trennung zu machen.

Nach der Halacha selbst ist dies aber nicht erforderlich.

Schabbat Schalom,
Ihr
Rabbiner Daniel Schiffer

 
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Schalom Rabbi Schiffer,

Ich sah in Tel Aviv ein koscheres Restaurant, das eine Art "Cheeseburger" (mit Tofu-Käse, glaube ich) verkauft. Nun hat das Restaurant ein groß ausgehängtes Koscherzertifikat draußen, aber trotzdem hätte ich Angst wegen Marit Ayin, mir so etwas zu bestellen, vor allem wenn ich es mitnehme.

Was sagt die Halacha, was die Rabbiner zu so einem "Ersatzessen" (es gab auch mal "koschere Schrimps" im Supermarkt)?
Und - wie sieht das an Pessach aus? Da kann ich mich erinnern, dafka in Jerusalem koschere Pasta gesehen zu haben - in einem Restaurant, das ganz streng kascher le-Pessach war (keine Kitnyot und nicht-gebrokt). Aber auch da imitiert man etwas nicht-koscheres und Marit Ayin ist an Pessach sogar noch strenger. Andererseits wird dieses Chametz-Aussehende vor einem Riesenschild mit dem Kaschrut-Zertifikat verkauft.

Was ist also in beiden Fällen (koschere Imitation etwas Treifes und koschere Imitation von Chametz) die Ansicht der Rabbiner - gibt es da Unterschiede,
  •    z-B. zwischen Aschkenazim und Sefardim,
  •    zwischen Minhag Chassidut und litvischen Minhag usw.?

Gibt es Machloket dazu?

Vielen Dank.
Chodesch tow,
Ihr
Eliezer Schwerdt


Schalom Herr Schwert,

Koschere Versionen von ansonsten nicht koscherem Essen wie Schrimps oder Cheeseburger, sowie an Pessach von Chametz (gegärte Produkte aus Getreide wie z.B. Brot, Gebäck, aber auch Wodka aus Weizen), Kitniot (Hülsenfrüchte wie Bohnen, Mais, Erdnüsse und auch Reis, die für Juden von Aschkenasischer Abstammung verboten sind), und Gebrokts (Matza, die in Wasser getaucht wurde) können wenn sie Koscher und Koscher für Pessach mit alternativen Zutaten zubereitet wurden, verzehrt werden, abhängig davon, was die Zutaten sind, und welches Hechscher (Koscher Zertifikat) der Verkäufer präsentiert.

Für den Konsumenten bedeutet dies ganz einfach, dass er auf ein zuverlässiges Hechscher achten muss. Man braucht sich nicht wegen Marit Haayin (die Erscheinung, das etwas nicht nach jüdischem Gesetz zugeht) zu sorgen, wenn der Verkäufer ein Hechscher hat und man es in dem Geschäft, bzw. Restaurant isst.

Will man es mitnehmen, so muss man wenn man es mit anderen Anwesenden isst, ein Schild auf den Tisch stellen, das besagt, dass es parve Käse, oder keine echten Schrimps sind etc. Man kann auch die Verpackung, aus der dies klar hervorgeht auf den Tisch legen.

Interessanterweise lehrten uns unsere Weisen bereits vor vielen hunderten von Jahren, dass es für alles nicht koschere Essen, einen koscheren Ersatz gibt. Wer zum Beispiel wissen möchte, wie Schweinefleisch schmeckt, kann dies in Erfahrung bringen, in dem er von dem Hirn einer Kuh probiert...

Guten Appetit,
Ihr
Rabbiner Daniel Schiffer

 
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Schalom Rabbi Schiffer,

Auf unserer letzten Auslandsreise besuchten wir die kleine Stadt Corning im Bundesstaat New York.
Der Ort enthält auch die ursprüngliche Corning Ware-Fabrik und ein Glasmuseum. Wir haben auch einige klassische Backformen-Sets gekauft (zur besseren Übersichtlichkeit – nicht als Werbung : Siehe hier).

Frage: Betrachten wir dieses Geschirr halachisch als Glas oder Steingut?


Schalom Frau Meisels,

Vielen Dank für ihre Frage.

Wie bei allen halachischen Fragen, wäre zuerst klären, was die Fakten sind. In Ihrem Fall gilt die Annahme für das Backwaren-Set, dass es aus Steingut ist. Im Falle eines Zweifels des Materials, wie in Ihrem Fall gilt automatisch die Annahme -> Steingut.

Bei Steingutprodukten ist eine Hauchdünne schicht aus Glas vorzufinden, und wahrscheinlich daher Ihre Frage, ob es als Glasprodukt zu betrachten ist. Hier ist es so, dass die Glasschicht aufgrund ihrer Dünne als nichtig in Bezug zu dem sich darunter befindenden Steingut zu betrachten ist. Also gilt es Halachisch als Steingut, auch aus dieser Sicht.

Es gibt einen Unterschied bezüglich des Kaschern in den Materialien wie zum Beispiel bei Keramik Backformen. Sollten sie tatsächlich treif (nicht koscher) geworden sein - Shwirasan Su Takanassan - so müssen sie zerbrochen werden und werden dann koscher, d.h. man kann sie nicht praktikabel kaschern. Glas hingegen ist wesentlich besser in dieser Hinsicht und im Küchengebrauch zu bevorzugen, weil es nicht nicht koscher werden kann. (Es ist eine Machloket -Meinungsverschiedenheit- und andere Autoritäten halten, dass es doch nicht koscher werden kann, aber jemand der sich auf die milde Meinung stützt, also es nicht nicht koscher werden kann, hat eine Meinung auf die er sich stützen kann.)

Alles Gute,
Rabbiner Daniel Schiffer

 

Die Fragen können mit vollen Namen oder anonym gestellt werden. Sie werden auf der Webseite veröffentlicht, außer der Fragesteller ist dagegen. Wir halten uns das Recht vor, Fragen, die unangemessen sind (nichts mit Judentum zu tun haben, Missionsversuche, Fragen zu Themen, die religiöse Gefühle verletzen usw.) nicht zu beantworten und zu veröffentlichen.

Zu Rabbiner Daniel Schiffer:

Rabbiner Daniel Schiffer lebt mit seiner Frau und Kindern in Jerusalem. Er hat dort in mehreren Jeschiwot gelernt und hat seine Smicha in Kollel Tzemach Tzedek in der Altstadt erhalten. Hier ein Link zum Kollel.

Rabbiner Daniel Schiffer ist der Autor der wöchentlichen Torah-Rundschreiben "Parascha LeMaisse" (in Hebräisch) und "Der Wochenabschnitt" (in Deutsch), die auch auf dieser Website erscheinen.

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