Gastbeiträge:
Von dem, was ich jetzt bin,
zu dem, was ich wirklich bin.

Gastbeitrag: Von dem, was ich jetzt bin, zu dem, was ich wirklich bin

Von Rabbi Matanya Amar, Rosch Jeschiwat Esch Kodesch

Rabbi Matanya Amar

Rabbi Matanya Amar

Rabbi Matanya Amar schlit“a leitet zusammen mit Rabbi Yuval Bar-Natan schlit“a die zu Nehora gehörende Jeschiwat Esch Kodesch, eine in Ramat-Gan ansässige Jeschiwa für Baalei Tschuwa.

Der Hebräische Original-Artikel ist hier: ממי שאני כעת למי שאני באמת.

Eine Geschichte von Rabbi Nachman von Breslav:
Die Tochter des Königs

Rabbi Nachman von Breslav erzählt von einem König, der sechs Söhne und eine Tochter hatte.

Die verschollene Königstochter

Die verschollene Königstochter

(Anmerkung: die komplette Geschichte wurde auf Deutsch unter den Titel: Die verschollene Königstochter veröffentlicht)

Und diese Tochter war ihm sehr wichtig, und er mochte sie sehr. Eines Tages wurde der König wütend auf sie und sagte: "Möge das Böse dich holen." Nachts ging sie in ihr Zimmer und am Morgen war sie verschollen. Und das tat dem König sehr leid, und er war sehr beunruhigt. Der Stellvertreter des Königs sah den Kummer des Königs und sagte, er werde sich aufmachen, sie suchen zu gehen. So ging er hinaus ins Königreich in Wüsten, Felder und Wälder, um die Königstochter zu suchen. Schließlich fand er ein Schloß (eines anderen Königs – nämlich dem „Bösen“), wo sie eingesperrt war.

Die Königstochter gibt dem Stellvertreter des Königs detaillierte Anweisungen, wie er ihr helfen kann, aber leider schläft er aus Erschöpfung zweimal ein und verläuft sich. Beim zweiten Mal jedoch besitzt er ein Kopftuch, auf das die Königstochter mit Tränen ihre Bitten und ihren Aufenthaltsort (der sich in der Zwischenzeit geändert hat) aufgeschrieben hatte – er hält das Tuch gegen die Sonne, fängt an die Buchstaben zu lesen – und rettet die Königstochter schließlich.

 

Purim – und das Königsreich der Dekadenz

Dieser Geschichte erinnert uns an die Purim-Geschichte. Nachdem Waschti, der Frau von König Achaschweros (von Persien), sich weigert, vor ihm und seinen Freunden zu tanzen, wird sie entweder ermordet oder vertrieben. Daraufhin erlässt der König den Befehl, alle Jungfrauen und schöne Mädchen seines Königreichs zu sich zu holen, um sich eine neue Königin zu suchen.

Megillat Esther

Megillat Esther

Die persische Kultur unter Achaschwerosch drückt eine Welt des Hedonismus und Materialismus aus: eine Welt ohne Moral, in der die Haltung gegenüber Frauen nur verächtlich ist.

Die Jüdin Esther – die Achaschweroschch als Königin wählt – wird widerwillig in eine fremde und entfremdete Welt entführt, die ihrer Innerlichkeit völlig entgegengesetzt ist, aber sie verrät ihr Volk und ihre Werte nicht. Esther drückt wie die Königstocher der Geschichte von Rabbi Nachman die reine und wunderbare Seele aus, die in jedem einzelnen von uns zu finden ist.

Der Stellverteter des Königs ist Mordechai HaJehudi – Esters Onkel, der sie berät und ihr hilft, ihre Werte auch als Königin des dekadenten Königreichs Persien zu bewahren.

Und so retten beide das jüdische Volk vor der Zerstörung – vor einem schrecklichen Pogrom, das Persien „judenrein“ gemacht hätte.

 

Wer wir wirklich sind

Die lärmende Außenwelt versucht uns wie Meereswellen in den Sog eines Lebens zu führen, das unseren Werten widerspricht – und unsere Seele in den Palast des „Bösen“ gefangen zu nehmen.

Wenn wir uns vom Materialismus und Hedonismus verführen lassen, dann verlieren wir uns im Labyrinth des „Dolce Vita“, verlieren unsere Identität, untergeben uns dem Diktat der Gesellschaft, und kümmern uns nur um Reichtum und den materiellen Freuden der Welt, also um Äußerlichkeiten. Dabei entfernen wir uns aber vom wahren Reichtum, nämlich inneren Werten und einem Leben, das versucht, Gutes in der Welt zu tun, anderen zu helfen und sowohl Torah als auch Derech Eretz zu haben und zu leben.

Heutzutage es gibt keine Esther, die unser Volk vor der Zerstörung rettet, und keinen Königsstellverteter, der uns aus dem „goldenen Käfig“ befreit. Wir hören daher oft den Schrei unseres Herzens nicht, weil unser „Selbst“ ins Exil gegangen ist.

Genauso wie die Gefahr, das Judentum und seine Werte zu verlieren, heutzutage weniger Pogrome sind, und viel mehr innere Gefahren, so muss sich auch die Suche nach der Wahrheit, nach den wahren Werten nach innen richten.

Und so wie der Stellvertreter des Königs müssen wir unser „Tuch“ mit den Tränen gegen die Sonne halten, um unsere Werte und unsere Charakterstärken zu sehen – und den richtigen Weg zu gehen.

 

 
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