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Der Wochenabschnitt
וַיֵּצֵא
WaJeze

Aktuelle Themen zur Wöchentlichen Parascha, aus Jerusalem der Heiligen Stadt, ת"ו


WaJeze - Träume und Gebete

Unsere Paraschah פָּרָשָׁה
Wochenabschnitt
heißt „WaJeze“ [וַיֵּצֵא], was oft als „er ging weg“ übersetzt wird, hier handelt es sich um Jakob Awinu, der von Beerscheba nach Haran ging. Wie wir in der Vergangenheit gelernt haben, heiratet Jakob später (in derselben Paraschah), zuerst Leah and dann (ihre jüngere Schwester) Rachel. Vorher aber legt er sich auf dem Weg erst einmal hin, schläft ein - und träumt.

 
 

 

Der Herr gibts den Seinen im Schlaf

”וַיִּפְגַּ֨ע בַּמָּק֜וֹם וַיָּ֤לֶן שָׁם֙ כִּי־בָ֣א הַשֶּׁ֔מֶשׁ וַיִּקַּח֙ מֵאַבְנֵ֣י הַמָּק֔וֹם וַיָּ֖שֶׂם מְרַֽאֲשֹׁתָ֑יו וַיִּשְׁכַּ֖ב בַּמָּק֥וֹם הַהֽוּא׃“

(בראשית כ"ח י"א)

„Und traf auf einen Ort und übernachtete dort, weil die Sonne untergegangen war, und nahm einen von den Steinen des Ortes und machte ihn zu seiner Kopfstütze und legte sich hin an diesem Ort.“

(B’reschit, Genesis, 1. Buch Moses 28: 11)
 

Chasal חז״ל
Unsere Weisen z”l
(Die Weisen der Mischnah- und Talmud-Ära)
lehren, dass Jakob in Beth-El [בֵּית-אֵל - „Haus des El“ oder „Haus Gottes“] (also dem Ort, wo er übernachtete) Ma'ariw [מַעֲרִיב], das Abendgebet, einführte. Zu Ma´ariw sagt der talmudische Gelehrte Abba Benjamin, dass er sich jeden Tag seines Lebens große Mühe gab, das Abendgebet vor dem Schlafengehen zu verrichten (Talmud, Masechet Brachot 5b). Was ist das Besondere an diesem Gebet?

Erst einmal etwas zum Schlafen:

Im Schlaf sind unsere kognitiven und rationalen Funktionen ausgesetzt, und die unwillkürlichen Körperfunktionen übernehmen die Kontrolle. Nur unsere Vorstellungskraft bleibt aktiv und lenkt unsere Träume im Schlaf. Oder in einfacheren Worten: Wir sind fast körperlos, und ganz Geist.

Unsere Vorstellungskraft hingegen ist auch im Schlaf, in unseren Träumen, aktiv. Da wir diese im Schlaf noch aktiven Fähigkeiten am wirksamsten durch das Gebet lenken können, ist es logisch, dass das Gebet vor dem Schlafengehen den größten Einfluss auf diesen Lebensbereich hat. Aus diesem Grund betonte Abba Benjamin die Wichtigkeit von Ma´ariw.

Oder zusammengefasst:

”שָׁ֤וְא לָכֶ֨ם מַשְׁכִּ֪ימֵֽי ק֡וּם
       מְאַחֲרֵי־שֶׁ֗בֶת
       אֹ֭כְלֵי לֶ֣חֶם הָעֲצָבִ֑ים
       כֵּ֤ן יִתֵּ֖ן לִידִיד֣וֹ שֵׁנָֽא׃“

(תהלים קכ"ז ב')

„Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht
       und hernach lange sitzet
       und esset euer Brot mit Sorgen;
       denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.“

(T’hillim, Psalme 127:2)
 
 

 

Das Buch der Träume

”וַֽיַּחֲלֹ֗ם וְהִנֵּ֤ה סֻלָּם֙ מֻצָּ֣ב אַ֔רְצָה וְרֹאשׁ֖וֹ מַגִּ֣יעַ הַשָּׁמָ֑יְמָה וְהִנֵּה֙ מַלְאֲכֵ֣י אֱלֹהִ֔ים עֹלִ֥ים וְיֹרְדִ֖ים בּֽוֹ׃“

(בראשית כ"ח י"ב)

„Da träumte er und siehe, eine Leiter war gestellt auf die Erde und die Spitze reichte an den Himmel und siehe, Engel Gottes stiegen auf und ab an ihr.“

(B’reschit, Genesis, 1. Buch Moses 28: 12)
 

Jakob schläft aber nicht nur - er träumt auch. Wie wir bei Mikez [מִקֵּץ] herausfinden werden, wird das 1. Buch Moses auch „Buch der Träume“ genannt wird, denn nur hier werden so viele Träume wie sonst nirgendwo beschrieben, und nur haben sie oft etwas Poetisches.

In den Worten von Jeschajahu Leibowitz sz”l:

    Alle träumen in B‘reschit: die Stammväter des Volkes –

  1. unser Stammvater Abraham, der nach einem tiefen Schlaf den Brit Ben HaBetarim [בְּרִית בֵּין הַבְּתָרִים] sieht;
  2. unser Stammvater Jakob, der von der Himmelsleiter träumt (diese Paraschah);
  3. und der Träumer Josef. (...)
  4. Doch die Geschichte der bedeutsamen Träume endet mit dem Ende des 1. Buch Moses.
    (Aus: Shiurei Yeshayahu Leibowitz al Parashat ha-Shavua, zu Paraschat Miketz)

Was hat es aber mit dieser Leiter des Traumes zu tun, die von der Erde zum Himmel führt, und auf der die Engel auf- und abgehen?

Raschi verbindet die anderen Patriarchen mit dem Gebetsort, dem Ort des Traumes. Am Ende seines Kommentars zu diesem Vers zitiert Raschi eine Stelle aus dem Talmud, die die Gebete Abrahams, Isaaks und Jakobs vergleicht und sich dabei auf einen Vers im Buch Micha über das messianische Zeitalter stützt:

 

”וְֽהָלְכ֞וּ גּוֹיִ֣ם רַבִּ֗ים וְאָֽמְרוּ֙ לְכ֣וּ ׀ וְנַעֲלֶ֣ה אֶל־הַר־יְהֹוָ֗ה וְאֶל־בֵּית֙ אֱלֹהֵ֣י יַעֲקֹ֔ב וְיוֹרֵ֙נוּ֙ מִדְּרָכָ֔יו וְנֵלְכָ֖ה בְּאֹֽרְחֹתָ֑יו כִּ֤י מִצִּיּוֹן֙ תֵּצֵ֣א תוֹרָ֔ה וּדְבַר־יְהֹוָ֖ה מִירוּשָׁלָֽ͏ִם׃“

(מיכה ד' ב')

„Und viele Nationen werden kommen und sagen: ‚Kommt, lasst uns hinaufziehen zum Berg G-ttes und zum Haus des G-ttes Jakobs! Er wird uns seine Wege lehren, und wir werden auf seinen Pfaden wandeln. Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort G-ttes von Jerusalem.‘ .“

(Michah 4:2)
 

Der Talmud erklärt, warum Jakobs Name mehr als der der anderen Patriarchen mit dem Haus G-ttes in Verbindung gebracht wird:

”וְאָמַר רַבִּי אֶלְעָזָר, מַאי דִּכְתִיב: ״וְהָלְכוּ עַמִּים רַבִּים וְאָמְרוּ לְכוּ וְנַעֲלֶה אֶל הַר ה׳ אֶל בֵּית אֱלֹהֵי יַעֲקֹב וְגוֹ׳״. אֱלֹהֵי יַעֲקֹב, וְלֹא אֱלֹהֵי אַבְרָהָם וְיִצְחָק? אֶלָּא, לֹא כְּאַבְרָהָם שֶׁכָּתוּב בּוֹ ״הַר״, שֶׁנֶּאֱמַר: ״אֲשֶׁר יֵאָמֵר הַיּוֹם בְּהַר ה׳ יֵרָאֶה״, וְלֹא כְּיִצְחָק שֶׁכָּתוּב בּוֹ ״שָׂדֶה״, שֶׁנֶּאֱמַר: ״וַיֵּצֵא יִצְחָק לָשׂוּחַ בַּשָּׂדֶה״, אֶלָּא כְּיַעֲקֹב שֶׁקְּרָאוֹ ״בַּיִת״, שֶׁנֶּאֱמַר: ״וַיִּקְרָא אֶת שֵׁם הַמָּקוֹם הַהוּא בֵּית אֵל״.“

(פסחים פ״ח א')

„Rabbi Eleazar sagte: „Was bedeutet der Vers: ‚Und viele werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des Herrn, zum Haus des G-ttes Jakobs‘ – der G-tt Jakobs, aber nicht der G-tt Abrahams und Isaaks? Nicht wie Abraham, von dem ‚Berg‘ geschrieben steht, wie es heißt: ‚Wie man bis heute sagt: ‚Auf dem Berg, wo der Herr gesehen wird.‘ Auch nicht wie Isaak, von dem ‚Feld‘ geschrieben steht, wie es heißt: ‚Und Isaak ging hinaus, um am Abend auf dem Feld zu meditieren.‘ Sondern wie Jakob, der es ‚Heimat‘ nannte, wie es heißt: ‚Und er nannte den Namen jenes Ortes Bet-El [‚Das Haus G-ttes‘].““

(Babylonischer Talmud, Masechet Pessachim 88a)
 

Das Schlüsselwort dieser Referenz zu Jakobs Traum (Beit El - בֵּית אֵל) ist Heimat! Nur in Zusammenhang mit Jakob ist von Heimat die Rede, nur er fühlt sich in der T‘fillah [תְּפִלָּה - Gebet] zu Hause! Der zitierte Vers stammt natürlich aus unserer Paraschah, in der Jakob das Tor zum Himmel im Traum sieht. Und nur bei Jakob ist die Beziehung eine, die in beiden Richtungen geht - von HaSchem zu uns, und von uns zu HaSchem, so wie in der Leiter des Traumes.

 
 

 

שַׁבַּת שָׁלוֹם וּמְבֹרָךְ
Schabbat Schalom uM’worach
Ein friedlicher und gesegneter Schabbat

Benjamin Rosendahl

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8. Kisslew 5786,   28. November 2025

 

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