Jaakow unser Vorvater Gründet das Volke Israel
”וַיֵּצֵ֥א יַעֲקֹ֖ב מִבְּאֵ֣ר שָׁ֑בַע וַיֵּ֖לֶךְ חָרָֽנָה׃“
(בראשית כ”ח י’)
„Und Jaakow verließ Beer Schewa und ging nach Charan.”
(1. Buch Moses, Bereschit, 28:12)
Unsere Parascha beginnt mit den Worten „Und Jaakow verließ Beer Schewa und ging nach Charan“ und kehrt damit thematisch zum Ende der vorigen Parascha zurück. Und siehe, ein Thema, dass wiederholt vorkommt ist eine Anweisung und Lehre für alle kommenden Generationen, zu jeder Zeit und an jedem Orte, denn die Torah ist ewig.
Für den Namen Beer Schewa gibt die Torah zwei Gründe: Erstens, nach dem Schwur der geleistet wurde, als Awraham Awinu und Awimelech, König der Philister, einen Bund schlossen, und zweitens, nach dem siebten Brunnen, der gegraben wurde nach dem Frieden mit Awimelech. Beide Situationen stellen Frieden für das Volke Israel dar. Doch die Tatsache, dass Jaakow nach Charan ging ist das Gegenteil von Frieden, so wie unsere Weisen sagen: „Charan, der Zorn der Welt“ [weil dort so viele Sünden begangen wurden].1Likutei Sichot,
Teil 1,
S. 60f
Und dazu lässt sich eine Frage stellen: Haschem hat uns Gebote in Fülle gegeben; Wohin auch immer wir uns wenden, finden wir entweder ein Gebot und seine Zweige, oder ein Verbot und seine Zweige. Wenn es doch so viele Mizwot sind, hätte uns dann Haschem nicht unsere Sorgen, und die Sorgen des Exils und des Lebensunterhaltes usw. abnehmen und uns damit die Erfüllung der Gebote erleichtern können? Es wäre doch sogar angemessen gewesen, dass wir uns im Ganzen nicht mit weltlichen Dingen beschäftigen müssten, und so wären wir dann frei, in den Zelten der Torah bei Tag und Nacht zu sitzen?2Ebd.
Schauen wir uns einen Abschnitt im Leben unseres Vorvaters Jaakow Awinu an: Jaakow Awinu, von dem das gesamte Volke Israel abstammt, schlug eine exemplarische Vorgehensweise ein, um das Volke Israel zu gründen. Er verließ Beer Schewa, musste die Jeschiwot3Torah-Akademie von Schem und Eber verlassen und nach Charan (in der heutigen Türkei)4Weg von BeerSchewa nach Charran umziehen, in den moralisch degeneriertesten Ort damals. Wie kann man ausgerechnet an so an einem moralisch verfallenen Ort, das jüdische Volk gründen?! In Beer Schewa wäre es doch viel leichter gewesen – dort ist es leicht die Mizwot zu befolgen, und schwierig zu sündigen. Doch um das jüdische Volk zu gründen, musste er nach Charan gehen, einen Ort an dem Göttlichkeit aufs Unerkenntliche verhüllt ist. Und ausgerechnet dadurch, dass es an einem Ort geschah an dem es leicht ist zu sündigen und schwierig die Mizwot zu befolgen, und er dort die Herausforderungen bewältigt hat – ein Zaddik geblieben ist – baute er das Haus Israels.5Likutei Sichot,
Teil 1,
S. 60f
Und dies ist die Lehre für Jeden von uns: Das erste was Jaakow tat, als er nach Charan kam, war, zu beten. Er war auf der Suche nach einer Frau, und da hätte es sich doch angeboten, zuerst die Sprache des neuen Ortes zu lernen, sich wie die dortigen Menschen zu kleiden usw… Doch zuerst betete er zu G-tt. Und dies ist eine Lehre, so wie alle Geschichten in der Torah für das ganze Volke Israel, für alle Generationen.
Denn wenn ein Jude losgeht und eine Familie gründen will, oder eine Parnassa6Lebensunterhalt sucht, oder neu ist an einem Ort etc. wird er nachdenken können: Es stimmt, bis heute habe ich gesessen und Torah gelernt, gebetet und Gebote getan, aber jetzt da ich herausgehe in die Welt, muss ich all dies verlassen und die Bräuche meines Gastlandes lernen und nachmachen, und den „Locals“ nachrennen… Und dazu sagt man ihm: Nein. Was muss er sich widmen? Dem Gebet. Im Gegenteil, gerade jetzt muss er beten, mehr denn je. Denn das Gebet das er vorher gebetet hat reicht jetzt nicht mehr, da er jetzt in einer neuen Situation ist – er geht heraus in die Welt, mit Herausforderungen, die es vorher nicht gegeben hat, und daher muss er zu G-tt beten, dass er diese Herausforderungen bestehen soll. Und wenn er dies tut, ist er in seiner neuen Situation nicht allein, und kann sich sicher sein, dass der liebe G-tt ihn auf dem ganzen Wege begleiten wird.