Begriffe im Judentum
Eintrag: Gnejwat Da'at - גְּנֵיבַת דַּעַת

Begriffe im Judentum

Eintrag: Gnejwat Da'at - גְּנֵיבַת דַּעַת

 

Eintrag:

Gnejwat Da'at

Hebräisch:
 

גְּנֵיבַת דַּעַת
Auch גְּנֵיבַת לֵב (Gnejwat Lew - Herz stehlen)

Übersetzung:

Wörtlich „Diebstahl des Geistes“ oder „Wissensdiebstahl“

Wortart:

Idiom

Nicht zu verwechseln mit:

Gnejwah Sifrutit (גְנֵבָה סִפרוּתִית) – Plagiat

 
 
 

Bedeutung und Ursprung

Gnejwat Da'at ist ein Konzept des jüdischen Rechts und der Ethik, das sich auf eine Form von Täuschung oder bewusster Irreführung bezieht. Es findet in zahlreichen zwischenmenschlichen Situationen Anwendung, insbesondere im Geschäftsverkehr.

Die Ursprünge des Begriffs werden Samuel von Nehardea zugeschrieben, der im Babylonischen Talmud lehrt:

„Es ist verboten, Menschen zu täuschen – selbst einen Nichtjuden.“

Ein Midrasch bezeichnet Gnejwat Da'at als die schlimmste Form des Diebstahls, da sie nicht nur materiellen Schaden anrichtet, sondern die Person selbst betrifft. In der rabbinischen Exegese wird dieses Gesetz mit Genesis 31:26 und 2. Samuel 15:6 in Verbindung gebracht.

”וַיֹּ֤אמֶר לָבָן֙ לְיַעֲקֹ֔ב מֶ֣ה עָשִׂ֔יתָ וַתִּגְנֹ֖ב אֶת־לְבָבִ֑י וַתְּנַהֵג֙ אֶת־בְּנֹתַ֔י כִּשְׁבֻי֖וֹת חָֽרֶב׃“

(בראשית ל"א כ"ו)

„dann sprach Laban zu Jaakow: Was hast du getan, dass du mein Herz gestohlen [mich betrogen], und weggeführt meine Töchter, wie Kriegsgefangene?“

(B’reschit, Genesis, 1. Buch Moses 31:06)

und

”וַיַּ֨עַשׂ אַבְשָׁל֜וֹם כַּדָּבָ֤ר הַזֶּה֙ לְכָל־יִשְׂרָאֵ֔ל אֲשֶׁר־יָבֹ֥אוּ לַמִּשְׁפָּ֖ט אֶל־הַמֶּ֑לֶךְ וַיְגַנֵּב֙ אַבְשָׁל֔וֹם אֶת־לֵ֖ב אַנְשֵׁ֥י יִשְׂרָאֵֽל׃“

(שמואל ב ט"ו ו')

„Awschalom tat desgleichen an allen Israeliten, die zu Gericht kamen zu dem König. Awschalom erschlich sich somit die Liebe aller Männer Israels.“

(2. Samuel 15:6)
 
 
 

Beispiele und Abgrenzungen

Täuschung aus Höflichkeit: Es ist unzulässig, einem Gast ein leeres Fläschchen mit Salböl anzubieten, wenn man weiß, dass es leer ist. Aber es ist erlaubt, ein solches Angebot zu machen, wenn es dazu dient, dem Gast öffentlich Ehre zu erweisen.

Wirtschaftliche Irreführung: Wer ein Produkt technisch korrekt beschreibt, aber bewusst eine falsche Vorstellung vermittelt, begeht Gnejwat Da'at. Das Verbot gilt auch dann, wenn kein finanzieller Schaden entsteht.

Scheinbare Gastfreundschaft: Jemanden zum Essen einzuladen, nur um als großzügig zu erscheinen, während man weiß, dass die Einladung nicht angenommen werden kann.

 
 
 

Zeitgenössische Anwendungen

1. Geschäftsethik und Werbung

Irreführende Werbung: Übertreibung in der Verpackung oder das Vorspiegeln eines Sonderangebots, das keines ist (z. B. eine „Schlussverkaufsaktion“, obwohl das Geschäft nicht schließt).

Preisgestaltung: Rabattangaben, die sich nicht auf eine allgemein anerkannte Preisbasis beziehen.

Verkaufstaktiken: Vorwände, um Zugang zu potenziellen Kunden zu erhalten (z. B. Haustürgeschäfte unter falschen Angaben).

2. Unternehmensethik

Falsche Aktionärs- oder Investoreninformationen

Insiderhandel und unfaire Geschäftsgebaren

3. Betrug und akademische Integrität

Schul- und Prüfungsethik: Rabbi Mosche Feinstein erklärte, dass Jeshivot ihre Schüler nicht zum Schummeln bei Prüfungen ermutigen oder falsche Schülerzahlen für Subventionen angeben dürfen.

Plagiate und Quellenangaben: Wer in wissenschaftlichen Arbeiten oder Reden fremde Ideen übernimmt, ohne die Quelle zu nennen, verstößt möglicherweise gegen Gnejwat Da'at.

 
 
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